Wir sind Deutschland

15.12.2011 – Stell Dir vor, Du hast einen ungebetenen Gast in Deinen vier Wänden, der einfach nicht mehr geht. Er lümmelt sich auf Deinem Lieblingsplatz herum, benutzt Deine Sachen, frisst Deinen Kühlschrank leer, lebt auf Deine Kosten, pöbelt Deine Freunde an, mischt sich in die Erziehung Deiner Kinder ein, verdreckt die Wohnung, bestimmt, was Du im Fernsehen siehst, schnüffelt in Deinen privaten Sachen herum, gibt Dein Geld aus, beschimpft und bedroht Dich und wird aggressiv, wenn Du ihn bittest zu gehen.

Schon nach ein paar Wochen erkennst Du Deine Wohnung nicht mehr wieder. Du fühlst Dich dort nicht mehr zuhause. Am liebsten würdest Du umziehen, aber das geht nicht, weil der Gast auf Deinem Geld sitzt.

In Deutschland haben wir einen solchen Gast: Die Politik.

Demokratie, Lobbys und Medien

Nur 35 Prozent der Bevölkerung würden die jetzige Regierung wählen, wenn am kommenden Sonntag Wahlen wären. Die FDP wäre nicht mehr im Parlament und stellt dennoch fünf Bundesminister. Die Union bekennt im Bundestag, dass wir von „Sicherheitsleuten“ und nicht von „Piraten und Chaoten“ regiert werden. Die SPD ist von der CDU nicht mehr zu unterscheiden. Ihre jeweiligen Politikdarsteller liefern sich ein öffentliches Scheingefecht, das am Ende doch auf eine „alternativlose“ große Koalition hinauslaufen wird.

Die Lobbys sitzen mit der Regierung in einem Haus und an einem Tisch. Wirtschaftsvertreter diktieren Ministern Gesetze, die vom Bundestag durchgewunken werden. Verbände und Stiftungen der Industriellen, Mächtigen und Reichen nehmen täglich Einfluss auf politische Entscheidungen. Ackermann spricht in der Kirche, der Papst redet im Bundestag. Die Kirchen werden vom Staat jedes Jahr mit 15 Milliarden Euro subventioniert, nehmen 10 Milliarden Euro Kirchensteuern ein und erhalten für Caritas und Diakonie weitere 50 Milliarden Euro, während in deren Einrichtungen statt dem Arbeitsrecht das kirchliche Selbstbestimmungsrecht gilt.

Das öffentlich-rechtliche Fernsehen nimmt seinen politischen Bildungsauftrag nicht wahr. Statt neutral zu berichten macht sich das ZDF zum verlängerten Arm der Union. Sein Anchorman wird nahtlos zum Regierungssprecher. In den Rundfunkräten der ARD Sender entscheiden Politiker, Kirchenleute und Arbeitgeberverbände über Intendanten und Programme. Die meisten Zeitungen und Zeitschriften gehören wenigen Mega-Konzernen und sind eng mit der Wirtschaft, der Politik und den Lobbys verbunden. Das private Fernsehen hat den Verdummungsauftrag angenommen und macht die Menschen mit scripted reality gefügig für Werbebotschaften und unkritisch gegenüber der Politik.

Sozialstaat, Waffen und Krieg

UN und OECD zeigen sich besorgt über die soziale Lage in Deutschland. Während Reiche und Besserdiener kaum Steuern zahlen, hat ein wachsender Teil der Bevölkerung nicht mehr genug Geld für einen würdigen Lebensstandard. Sozial Schwache Benachteiligte werden gesellschaftlich ausgegrenzt und sind gezwungen bedenkliche Produkte zu kaufen. Die Zahl prekärer Arbeitsverhältnisse steigt stetig an, während die Lebenserwartung der Geringverdiener sinkt. Die monatliche Arbeitslosenstatistik wird schön gerechnet, Rentner versinken in Armut und eine Zwei-Klassen-Medizin sorgt dafür, dass sich nur noch die Reichen eine angemessene Behandlung leisten können

Der Staat ist extrem verschuldet und steckt Milliarden in die Rettung von Banken, in die Entwicklung von Waffensystemen, in den Bau von Prestigeprojekten und in die Versorgung von Politikern und Amtsträgern. Deutschland ist der drittgrößte Rüstungsexporteur der Welt und beliefert totalitäre Verbrecherregimes mit Kriegswaffen und Militärtechnologie. Wir beteiligen uns an Kriegen, wandeln die Bundeswehr zu einer schlagkräftigen Angriffsarmee und spielen uns in Europa als Nation mit Führungsanspruch auf. Wir zwingen unsere europäischen Nachbarn zu Sozialabbau und Privatisierung und drohen ihnen mit Rauswurf, wenn sie unseren Ansagen nicht folgen.

Überwachung, Nazis und Verfassungsschutz

Der Staat überwacht alle Bürger mit immer perfideren Methoden. Geheimdienste und Polizei installieren Spähsoftware auf Computern, belauschen Telefonate, werten Funkzellen aus, kontrollieren den öffentlichen Raum mit Kameras und verschaffen sich Zugang zu privaten Wohnungen. Per Vorratsdatenspeicherung sollen die Kommunikations- und Verkehrsdaten aller Menschen über Monate gespeichert und den Behörden zur Verfügung gestellt werden. Die Innen- und Sicherheitspolitiker fordern eine Zensur im Internet und ein Ende der Anonymität für Blogger und Kommentatoren. Der Verfassungsschutz kämpft gegen Menschen, die sich für Grund- und Menschenrechte einsetzen und lässt verfassungsfeindliche Politiker und Nazis frei gewähren.

In Deutschland ist fast alles verboten. Nur die NPD ist erlaubt. Der Staat selber ist eng mit den Organisationen der Rechtsextremisten verknüpft. Wer sich gegen Faschismus engagieren will, der muss sich erst zur Verfassung bekennen. Das Familienministerium versorgt Schulen in ganz Deutschland mit „Unterrichtsmaterial“, in dem vor Linken gewarnt wird und demokratische Zeitungen werden als linksextremistisch diffamiert, weil sie nicht auf Regierungslinie berichten. Die Polizei schützt Nazi-Aufmärsche und verfolgt demokratische Gegendemonstranten. Der Rassismus ist salonfähig. Das Buch „Deutschland schafft sich ab“ sprengt alle Verkaufsrekorde und der Autor darf weiterhin im Namen der SPD agieren. Der Innenminister hetzt gegen den Islam und Innenpolitiker der CSU ermutigen Bürger zur Fremdenfeindlichkeit.

Anstand und Widerstand

Ein Altkanzler ist gemeinsam mit dem amtierenden Finanzminister in eine unaufgeklärte Spendenaffäre verwickelt. Ein anderer Altkanzler spielt eine zentrale Rolle in der russischen Energiewirtschaft. Ehemalige Ministerpräsidenten wechseln in die Wirtschaft, nachdem sie den Konzernen Aufträge in Millionenhöhe zugeschoben haben. Der frühere grüne Außenminister berät Energieriesen und Automobilkonzerne, ein ehemaliger Innenminister hat sein Vermögen mit dem Verkauf von Überwachungstechnologie an Staaten gemacht. Die Kanzlerin erinnert sich nicht, ob sie in der DDR für „Propaganda und Agitation“ oder für „irgendwas mit Kultur“ zuständig war. Ein Ex-Minister, der beim Betrug erwischt wird, putscht sich über Brüssel zurück in die Politik. Der Bundespräsident steht im Verdacht der Vorteilsnahme durch einflussreiche Industrielle. Die Politikdarsteller schachern öffentlich um Posten und Ämter und zeigen täglich, dass sie nicht die geringste Vorstellung davon haben, was Anständigkeit oder Rechtschaffenheit bedeuten.

Das alles hat der ungebetene Gast aus unserem Land gemacht. Aus einem Land mit einer beeindruckenden Kultur, mit einer wunderbaren Sprache, mit herrlichen Landschaften, mit einer unbeschreiblichen Vielfalt und mit tollen Menschen aus allen Regionen der Welt ist ein verkommener Affenstall geworden. Eine unwürdige Parodie auf einen gerechten, solidarischen, friedlichen und sozialen Staat, ein korruptes Konglomerat aus privaten Seilschaften, die aus niederen Beweggründen und unstillbarer Gier alles verraten, was gut, richtig und erstrebenswert ist.

Das alles ist nur möglich, weil wir unserem ungebetenen Gast nicht die Türe weisen. Wir lassen ihn gewähren, uns von seinen verzweifelten Drohgebärden täuschen und fürchten uns vor seiner Reaktion, wenn wir einfach sagen würden: „Das ist unser Haus. Wir sind Deutschland.“

140 Kommentare

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140 Antworten zu “Wir sind Deutschland

  1. klaus

    Vielen Dank Jacob Jung für dieses Feuerwerk! Treffender kann man es nicht formulieren, leider macht sich nur ein Bruchteil der halbwegs intelligenten Bewohner dieses Landes Gedanken um die desaströsen Verhältnisses in jenem. Die Verblödungsmaschine läuft auf vollen Touren, viele, viel zu viele, stören sich daran überhaupt nicht bzw. merken es nicht einmal……es ist zum Kotzen. Das wirklich schlimme ist aber das keine Veränderung in Sicht scheint. Deshalb noch mal Danke für diese Jahresabrechnung!!

  2. Pingback: Wir sind Deutschland? | 4abroad

  3. nappy

    Toller Artikel – und so wunderbar theoretisch.
    Wo ist die Praxis? Was tust Du gegen diese Missstände? Oder auch nur gegen einen davon? Wer ist z.B. Dein Stromversorger/Gasversorger? Auf wie vielen Demonstrationen warst Du? Wie viele Beschwerde-E-Mails und/oder -Briefe hast Du denn schon an „diese Politiker“ geschrieben? In welche Partei bist Du eingetreten? Oder hast Du gar eine gegründet? Wie oft bist Du eingeschritten, wenn Du gesehen hast, dass sich jemand daneben benimmt? Oder fandest Du es sogar cool, wenn z.B. jemand wo raucht, wo es nicht erlaubt ist?
    Also: Was genau tust Du konkret, um die Gesellschaft zu verbessern – in Deinem Alltagsleben?

    • Danke für das kleine Verhör.

      In Deinem Kommentar erkundigst Du Dich nach meinem Engegament außerhalb des Internets. Durch die gewählte Ausdrucksform suggerierst Du, dass ich mich zwar vom gemütlichen Schreibtisch aus aufrege, desweiteren aber untätig bleibe.

      Da Du mich nicht kennst und meine Lebensweise folglich nicht beurteilen kannst, wäre eine neutrale Nachfrage höflicher gewesen. Ich will Dir aber dennoch antworten:

      Ich investiere einen großen Teil meiner Zeit in dieses Blog. Ich recherchiere Ereignisse und Zusammenhänge, erarbeite Artikel darüber, beantworte Kommentare und pflege den Kontakt zu meinen Lesern, zu anderen Bloggern, zu Redaktionen und zu politisch Verantwortlichen.

      Natürlich wähle ich, nicht nur im Bereich Stromversorgung, Anbieter, Hersteller und Produkte, die ich für möglichst unbedenklich halte. Natürlich nehme ich an Demonstrationen und Bürgerbegehren teil und selbstverständlich wende ich mich mit Briefen und Nachfragen direkt an Politiker, Entscheider und Verantwortliche.

      Ich schreite persönlich ein, wenn ich Unrecht beobachte und halte das für eine Selbstverständlichkeit. Wenn allerdings jemand dort raucht, wo es verboten ist, dann frage ich nach einer Zigarette.

      Und Du?

      • nappy

        Ich wollte nicht Dich persönlich angreifen, sondern wissen, wie Du verhinderst, dass sich die Leser bestätigt fühlen, kurz auf die Schulter klopfen und dann wieder in ihr Sofa sinken in dem Bewusstsein, dass sie die Welt gerettet haben. Vermisst habe ich habe die Handlungsaufforderung, die konkreten Beispiele. Meinetwegen hätten die Links ruhig da sein können – vielleicht hätte da was Konkretes gestanden – das weiß ich leider (noch) nicht – damit bin ich gerade beschäftigt.

        Viele Leute heutzutage gefallen sich in dem Verhalten, sich besonders im Internet, wo’s schön anonym ist, und sie niemand beim Worte nehmen kann, über Dinge aufzuregen und damit, so meinen sie, haben sie Alles getan, was nötig ist. Schließlich haben sie sich ja geoutet und das reicht – zumindest ihnen.
        Mit diesem Blog und besonders mit so einem Artikel gibst Du diesen berufsmäßigen Opfern eine Plattform um sich auszuleben. Aber was ändert das? Diese Plattform und die Artikel sind ein netter Ansatz, aber wohin soll er führen?
        Wo ist der Teil der Website, der konkrete Tätigkeiten nennt? Es ist leicht, gegen Kinderarbeit zu sein, aber schwer, nicht mehr bei H&M zu kaufen, denn die haben ja so coole Klamotten. Es ist leicht gegen die Großbanken zu sein, aber schwer, das Konto zu wechseln zu einer kleinen Bank, die sich nichts zu schulden hat kommen lassen. Denn das bedeutet, dass man Gebühr für die Benutzung anderer Geldautomaten zahlen muss, weil sich die kleine Bank in keinen Cash-Pool eingekauft hat.

        Wenn ich etwas an Dir auszusetzen hätte, hätte ich auch eine E-Mail schicken können. Ich habe hier geschrieben, damit es auch Andere lesen können. Denn es hätte sich auch jeder andere Leser von meinem „Du“ angesprochen fühlen können – wenn sie das denn so wollen und nicht bequemerweise davon ausgehen, ich hätte Dich gemeint.

        Und zum Rauchen an Orten, wo es verboten ist, kann ich nur sagen: Wieder so eine traurige Entwicklung unserer Gesellschaft – weil nie jemand was sagt, ist es z.B. für Nichtraucher inzwischen unmöglich geworden, auf eine Bahn zu warten, ohne Qualm einatmen zu müssen. Aber niemand tritt aktiv für ihren Schutz ein. Die Verantwortung wird auf die Politik abgeschoben – „Die haben die Regel aufgestellt, dann sollen die sie auch durchsetzen“. Selbst Einspruch zu erheben bedeutet ja, aktiv zu werden und den Kopf aus der Menge zu erheben, sich zu engagieren, aus dem Fenster zu lehnen und das in der Öffentlichkeit, mit seinem Gesicht …
        Und wenn diese Leute sich dann unter vermeintlich Gleichgesinnten befinden – wie z.B. hier – ziehen sie darüber her, wie egoistisch die Anderen doch sind … natürlich – immer die Anderen … dazu gibt es einen berühmten Spruch von Pastor Niemöller (siehe unten., wer den Spruch nicht kennt) …
        Warum sonst z.B. sollte man diesen Artikel an andere Menschen verteilen oder an Politiker? Warum ist das alles, was den meisten Lesern dazu einfällt? Warum hat niemand geschrieben: „Toller Artikel, ich werde jetzt gegen diesen Missstand das und das tun“?

        Und wenn ihre Welt dann irgendwann so richtig beschissen wird, will es wieder keiner gewesen sein.

        („Als sie kamen, um die Juden zu holen, schwieg ich, weil ich kein Jude war. Als sie kamen, um die Kommunisten zu holen, schwieg ich, weil ich kein Kommunist war. Als sie kamen, um die Gewerkschafter zu holen, schwieg ich, weil ich kein Gewerkschafter war. Dann, als sie kamen, um mich zu holen, gab es keinen mehr, der für mich seine Stimme hätte erheben können.“)

        • Okay, jetzt habe ich Deinen Ansatz besser verstanden und kann Dir teilweise Recht geben.
          Ich denke allerdings, dass eigenes Engagement die Voraussetzung der Aufklärung bedingt. Und die versuche ich hier, im Rahmen meiner Möglichkeiten, zu bieten.
          Du hast natürlich Recht: Es darf nicht dabei bleiben, sich hier zustimmend aufzuregen und zu denken, dass man mit dem Lesen, mit einem „gefällt mir“ Klick oder einem Kommentar schon genug getan hat.
          Allerdings weiß ich von vielen meiner Leser ganz konkret, dass und wo sie sich bereits engagieren. Und ich stelle fest, dass meine Artikel häufig den Anlass bieten, sich im Familien- oder Freundeskreis über politische Themen zu unterhalten, die dort ansonsten nicht auf der Tagesordnung standen.

          Natürlich ist das nur ein Anfang. Keine Frage. Und Deine Anregungen (Komsumverweigerung, Bankwechsel, etc.) gefallen mir gut, wenn es um die Konkretisierung geht. Ich denke darüber nach, danke für den Hinweis.

          Einzig in Sachen „Nichtraucherschutz“ kann ich mich nicht mit Deiner Haltung anfreunden. Ich vermeide es konsequent, Menschen mit meinem eigenen Rauchen zu belästigen. Aber ich mochte die Zeiten lieber, in denen Raucher „Mitbürger und keine Mörder“ (frei nach Rainald Grebe) waren.

        • „Viele Leute heutzutage gefallen sich in dem Verhalten, sich besonders im Internet, wo’s schön anonym ist, und sie niemand beim Worte nehmen kann, über Dinge aufzuregen und damit, so meinen sie, haben sie Alles getan, was nötig ist. Schließlich haben sie sich ja geoutet und das reicht – zumindest ihnen.“

          by „nappy“ q.e.d.

        • Hallo nappy!
          Das Rauchen mag für einige Menschen ein unerträgliches Laster sein, daß es zu bekämpfen gilt. Ich selbst war mal Raucher, aber ich bin kein militanter Gegner der Raucher, wenn in meiner unmittelbaren Umgebung geraucht wird.
          Ich kann aber fürchterlich wütend werden, wenn Menschen auf jede erdenkliche Art ausgebeutet werden, ihre intellektuellen Schwächen und ihre Wehrlosigkeit zugunsten einer superreichen Minderheit aus Politik und Gesellschaft mißbraucht wird. Ich kann fürchterlich wütend werden, wenn neoliberale Ideologien und Schlagworte wie „Sozial ist, was Arbeit schafft“ in den Köpfen seinen Niederschlag findet, und daß sich die Welt verändet hätte usw. usw. Und das Ganze noch mit wissenschaftlicher Konnotation, um die Seriosität dieses ganzen Blödsinns noch zu unterstreichen!
          Immer wieder stelle ich fest, daß die Verbreitungswege der Neoliberalen ihr Ziel in weiten Teilen des Mittelstandes finden. Sie sind es, die letztlich die wahlentscheidende Mehrheit sind..
          Das Denken in dieser Gesellschaftsschicht – obwohl zum Teil hoch ausgebildet – übernehmen überwigend die Slogans der Neoliberalen kritiklos. Es wird nicht mehr nachgedacht, sondern nur noch nachgeplappert, vielleicht, weil es in der FAZ, dem spiegel oder sonstigen Presseorganen der sogenannten „Leistungsträger“ steht.

      • nappy

        Oh, und: Ja, ich predige kein Wasser, und trinke dann selbst Wein.
        Seit 14 Jahren lebe ich in der Stadt, in der ich jetzt lebe – eine Großstadt. Ich habe keine Auto und fahre somit täglich mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Vor 14 Jahren habe ich vielleicht ein halbes Dutzen mal im Jahr jemanden gesehen, der auf Bahnsteigen oder sogar in Bahnen raucht, wo es verboten ist. Und in all den 14 Jahren habe ich auch außer mir nie jemanden gesehen, der Einspruch erhoben hätte.
        Das Ergebnis:
        Heute vergeht kein einziger Tag, ohne einen solchen Raucher zu sehen. Warum auch nicht – sie kommen ja damit durch. Jeden Tag entscheidet sich mindestens ein Raucher mehr, gegen diese Regel zu verstoßen.
        Aber selbst das ist noch nicht alles: Auch eine andere Anzhal von MEnschen ist angestiegen – die derer, die gegen mich Einspruch erheben, wenn ich Einspruch erhebe. Über die Motivation kann ich nur spekulieren. Wahrscheinlich würde sich bestenfalls hier jemand dazu outen, aber nicht im realen Leben – mir ins Gesicht.

        • RamRam

          hallo nappy … deine aussage ist etwas anmaßend … es ist dein ärger am system der entsprechende handlungen verlangt …
          wieso sollten deine mitmenschen ihren positiven beitrag an einem gemeinsamen leben so ausdrücken wie du es machen würdest … es gibt diejenigen die schreiben … dann gibt es die die auf die strasse gehen … es gibt aber auch die die jeden tag freundlich ihren nachbarn grüssen … die geld zurückgeben wenn sie es finden …
          ja … die situation schreit förmlich nach handlung …. aber diese handlung wird seit jahren missbraucht … von allen seiten …
          der einzige weg der mir plausibel erscheint ist respekt und toleranz … jeder muss bei sich beginnen ohne eben seinen mitmenschen erklären zu wollen wie das funktionieren soll und vor allem wann … manche brauchen halt etwas länger … wenn mein glück von meinen mittmenschen abhängig ist … dann aber gute nacht …

          der text von jacob jung war einfach nur ein text … und der war gut …. was soll da jetzt anderes kommen … selber machen ist angesagt … z.b. einfach bestätigen das du ein ähnliches bild von unserer welt hast … oder halt nicht … ich brauche keinen jacob jung das ich verantwortung für mein leben übernehme … das mach ich nur für mich … aber es tut gut hin und wieder sowas … vor allem in so einer form zu lesen ….
          vor allem find ich gut das immer mehr menschen nicht wahl und planlos auf die kacke haun … sondern genau da anfangen wo man was tun kann … bei sich … und zwar im stillen … ich mach das jetzt auch schon gut 20 jahre … ich wehre mich auf meine art und weise … friedlich heisst nicht nur ohne waffen …. frieden ist etwas was man in sich praktizieren kann … es gibt keine argumente die agression in welcher art und weise auch immer rechtfertigen …
          einen schönen und friedlichen abend dir

      • K.S.

        Hallo, Jakob. super Antworten, die letzte allerdings animierte mich zum Schreiben… dann frage ich nach einer Zigarette.

    • awmrkl

      Bei Deinem G’schmarre fällt mir nicht mehr ein als ein bairisch deftiges „halts Maul wennst redst“

  4. Hartmut

    Ein wirklich excellenter Artikel – danke !

    In kompakter, dennoch ausführlicher Beschreibung die wahrlich verwerflichen Entscheidungen der Regierung. – Sie sind in ihren Folgen erniedrigend, menschenverachtend, egoistisch und zum teil grausam !
    Auch die meisten Kommentare spiegeln meine Gedanken fast deckungsgleich – besonders der von Katja.

  5. nappy

    Ach, schade, dass ich Herrn Voigt nicht antworten kann.
    Er hätte sich einfach mal meinen nächsten Beitrag durchlesen sollen und er wäre womöglich auf einen Grund gekommen, warum ich meinen NAmen hier nicht (mehr) nenne.
    Cybermobbing ist real, Herr Voigt – es passiert täglich und die Menschen haben durch die Anonymität keine wie auch immer gearteten Hemmungen.
    In der realen Welt habe ich kein Problem damit, den Menschen gegenüber zu treten.

  6. Herbst

    Ach nappy, ich erinnere mich gern an Zeiten, wo es so richtig rund ging und geraucht wurde auf Teufel komm raus. Auch militante Nichtraucher waren nicht daran zu hindern anderen in die Kneipe zu folgen. Es war halt so richtig gemütlich, und man konnte reden ohne Ende. Wir wollten die Welt verändern. Ja, wir hatten Visionen. Doch dann kam eine Zeit, da wurde es immer ungemütlicher. Warum soll ich nach meinem wohlverdientem Feierabend noch eine Sitzung oder eine Veranstaltung besuchen, wenn ich als Raucher nur noch auf eine Zigarettenpause warte? Dazu kam dann noch die unsägliche Frauenquote. Von da an ging es endgültig bergab! Immer mehr Menschen blieben fort. Nur im Geheimen vertrauten sie dir den Grund an.

    Wenn ich heute wie damals beobachte, wo Menschen am ehesten miteinander ins Gespräch kamen und kommen, so war und ist es die Raucherecke. Ich werde dir nun nicht verraten ob ich rauche oder nicht. Nur so viel verrate ich dir, ich bin mit Leib und Seele Frau.

    Mit freundlichen Grüßen

    Herbst

    • nappy

      Und ich erinnere mich an Zeiten, in denen ich keine Nacht durchschlafen konnte, weil ich schwerste Atemnot hatte; und an Tage, an denen mich meine Mutter den Kilometer zum Bus fast tragen musste, damit wir in die Nachbarstadt zur Kinderärztin kamen, damit die mir eine Spritze verabreichen konnte, damit ich wieder Luft kriege. Jeder einzelne, leidensbehaftete Meter dieses Wegs ist mir noch heute in Erinnerung. Genau wie die tausende Male, die ich mir sagte, dass der Atemzug, den ich eben genommen hatte, der letzte war. Eine Kindheit und Jugend, die also von immer wieder auftretender Todesangst geprägt war … und von sich Einigeln, weil ich nirgends hingehen konnte, denn es wurde ja überall geraucht …

      Jederzeit, wenn ich jemanden husten höre, wie z.B. ein Raucher, der nichts mehr merkt, oder ein Kollege, der seinen Husten wochenlang verschleppt , können all diese Eindrücke wieder zurückkommen und mich zum Aufeinanderpressen der Kinnladen, hefitigem Atmen oder sogar zum Weinen bringen.

      Ja – es geht uns gut in Deutschland – zu gut offenbar. Niemand weiß mehr was Leiden ist, und seid doch bitte mal ehrlich: Es WILL auch niemand wissen.
      Erzähle ich das oben „Freunden“, sehe ich in den Gesichtern, dass sie sich am liebsten in ein Mauseloch zurückziehen würden. Dankbar nutzen sie die nächste Gelegenheit, diesem Thema zu entkommen, lachen dann selbst über die dämlichsten Witze, die sie sonst bestenfalls mit einem Augenrollen quittieren würden.
      Und auch hier sehe ich wieder nur dieselben Leute. Immer wird zuallererst und oft auch als Einziges an die Einschränkungen gedacht, die einem selbst auferlegt werden, anstatt an die, die man mit seinem Verhalten Anderen auferlegt. Also werde ich zum nächsten Blog, zum nächsten Thread weiterziehen – immer in der Hoffnung, auch mal jemanden zu finden, der sich um andere Menschen kümmert und nicht nur um sein eigenes Wohlergehen.

      Aber wahrscheinlich ist so ein Unterfangen in Deutschland eine Totgeburt … im Land des „Unter’m Strrich zähl‘ ich“ und des „www.bring-dein-schaefchen-ins-trockene.de“

      Freut euch also: Ein Stachel weniger in eurem Fleisch: Auf Nimmerwiederlesen!

  7. Derbst

    Im Ursprungstext: „verdreckt die Wohnung“ ?

  8. Pingback: Jacobs Woche (11.12. – 17.12.2011) | Jacob Jung Blog

  9. CK

    Natürlich ist viel Wahres in diesen Ausführungen zu finden. Einiges mag auch übertrieben dargestellt sein. Ein paar Dinge kann ich so nicht unterstützen.
    Was jedoch immer noch Fakt bleibt, ist die Tatsache, dass wir ein saumäßiges Glück haben, hier in Deutschland zu wohnen und zu leben. Ich finde diese typisch deutsche Schimpferei einfach nicht fair gegenüber dem Gros der Menschen auf der Welt, die in Armut leben und jeden Tag ums Überleben kämpfen.
    Vieles, was vor allem in der Politik und der Wirtschaft passiert, mag nichts anderes sein als ein Skandal und gehört konsequent aufgeklärt und verfolgt, aber ich stelle die Frage, ob wir selbst in diesen Positionen immer so selbstlos handeln würden, wie wir von unseren Vertretern fordern.
    Wenn wir das ohne schlechtem Gewissen behaupten können, dann rate ich weiterhin dazu, einfach mal diese negative Grundeinstellung sein zu lassen oder wenn man sich nicht mit den Gegebenheiten abfinden will, einfach auch mal was dagegen zu unternehmen und konkrete Ansätze aufzustellen um den „Gast“ in die Schranken zu weisen, anstatt immer nur zu schimpfen. Eine Möglichkeit dazu stellt aber mit Sicherheit nicht das Wählen der Linkspartei und auch (noch) nicht der Piraten dar.

    • awmrkl

      „Eine Möglichkeit dazu stellt aber mit Sicherheit nicht das Wählen der Linkspartei und auch (noch) nicht der Piraten dar.“

      was denn sonst – nur so interessehalber?
      Lieber reGIERTt werden von so Typen wie Kohl „Nenn ich nicht“ bis zu solchen wie „wir werden von Sicherheitsbehörden regiert“?

      Na denn Danke.

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  15. Pingback: Wir sind das Volk! – sind wir das? « Weiler sagt

  16. That’s it ,da gibt es nichts hinzuzufügen .. außer vielleicht das wir,der Souverän diese Zustände möglich machten und machen auf Grund der typisch deutschen devoten Untertanenmentalität.Dieser Menschenschlag ,leider in der Überzahl ,ist der schlimmste Faktor aufgrund seines steten Opportunismus, wer kennt nicht dieses “ du würdest es doch genauso machen “ denn sie sind mit dem System zufrieden nur mit Ihrem Platz nicht und um dahin zu kommen wo die bewunderten Gewinner der beschissenen Umstände größtenteils ohne eigenes Zutun ( Generation der Erben etc.) schon sind würden sie ihre Kinder und Großmutter verkaufen ….

    666

  17. Lieber Jacob, eine herrliche Zusammenfasung! Ich habe sie als emotionales „Auskotzen“ dessen empfunden, was du in verschiedenen Artikeln zuvor fundiert berichtest, soweit ich das bisher erkennen konnte. Zum Jahresschluss finde ich das ein mehr als angemessenes Format, mich hat es vor allem emotional angesprochen. Und ich hoffe, dass ich nicht als konsumierende Couchpotato ende. 😉

  18. Pingback: Der Saargau... ++ Zum neuen Jahr …

  19. Carsten Edel

    Wundervoll geschrieben, ich bin neidisch! Mehr davon!

  20. „Hartz4 Zentralbank“ für austiegsbereite Revolutinäre.
    Gründet eine Bank mit Hartz4 Geld und kauft Land in Griechenland oder wo es Euch gefällt. Wer macht mit?
    Wer kommt mit?

  21. Pingback: Wir sind das Volk | mein name ist mensch

  22. Pingback: Hallo, liebe Freunde von NDS GK DD | NachDenkSeiten-Gesprächskreis Dresden

  23. aus Holland eine Reaktion:

    Schon in 2005 startete eine Initiative mit den Namen : „Wir sind Deutschland“ : http://www.wirsinddeutschland.org
    21. Dezember 2005:

    Warum wir dem Projekt den Namen »Wir sind Deutschland I.M.C« gegeben haben, das können sie unten http://www.wirsinddeutschland.org lesen
    Anzeige darüber
    erschienen in: „Die Zeit“, Nr. 2 / 5. Januar 2006
    1. November 2005:
    In Grundfragen der Nation muss das Volk auch selbst entscheiden können!

    Aufruf zur Unterstützung einer Willensbekundung [Petition] an den Deutschen Bundestag.
    Öffentliche Petition der Initiative
    »Wir sind Deutschland – Volksgesetzgebung jetzt« I.M.C.

    Ein Brief an der Deutschen Verfassungstag,
    7. März 2006:

    Betr.: Dreistufige Volksgesetzgebung steht auf der Agenda des Deutschen
    Bundestages. Good news zum Stand der Dinge ……

    Ein Aufruf zur Unterstützung der
    Initiativkreis der
    Petitionsgemeinschaft »Wir sind Deutschland – Volksgesetzgebung jetzt« I.M.C.
    c/o Internationales Kulturzentrum Achberg, Panoramastr. 30, 88147 Achberg

    Werner Altmann, Peter Frank, Wilfried Heidt, Birgit Irmer, Ines Kanka,
    Martin Koch-Löbner, Gerhard Meister, Christian Rummel, Uwe Scheibelhut,
    Rolf Schiek, Herbert Schliffka, Gerhard Schuster, Tassilo Seidl-Zellbrugg,
    Loes Swart, Hermann Willanzheimer. (INITIATIVKREIS)

    Vriendelijke groeten van Sabine Munzebrock,
    lid van IG-EuroVision,
    Eine Mündige Bürgerschaft ist möglich!

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