Occupy the Occupy: Bewegung 15. Oktober wird vereinnahmt

17.10.2011 – Seit dem vergangenen Wochenende haben zahlreiche Politiker versucht, die Protestbewegung 15. Oktober für sich zu vereinnahmen. Den vorläufigen Höhepunkt erreichte dieses „Occupy the Occupy“ heute mit dem Versuch der Kanzlerin, sich mit der Bewegung zu solidarisieren.

Möglich wird dies vor allem durch die einheitliche Berichterstattung der Medien. Hier wird von einer Bewegung gesprochen, die ihren Weg von den USA aus nach Europa nahm und in der es ausschließlich um die Kritik an der Macht des Bankensystems geht. Dabei ist das, was wir zur Zeit unter dem Schlagwort „Echte Demokratie Jetzt“ erleben weitaus mehr, als nur der bürgerliche Versuch, die Befugnisse der Banken ein wenig zu beschneiden. Es geht hierbei um die Unzufriedenheit und Empörung von immer mehr Menschen, die von den herrschenden Verhältnissen angewidert sind.

Wenn sich jetzt genau diejenigen versuchen an die Spitze der Bewegung zu stellen, denen wir die Misere hauptsächlich zu verdanken haben, dann läuft in der öffentlichen Kommunikation einiges schief. Die Bewegung braucht ein konsensuales Manifest, um Kontur zu gewinnen und klar auszusprechen, für was und gegen was sie eigentlich antritt und um Trittbrettfahrern eine deutliche Absage zu erteilen.

Merkel versteht die Bankengegner und sieht sich in ihrem Kurs bestärkt

Heute um kurz vor 17.00 Uhr konnte man es in der Online-Ausgabe des Stern nachlesen: Angela Merkel äußert „großes Verständnis“ für die Proteste und begrüßt deren Forderungen und Ziele. Regierungssprecher Seibert setzt dem ganzen die Krone auf und sieht in den Aktionen vom Wochenende das „Gerechtigkeitsverlangen“ der Menschen, den internationalen Finanzmärkten Zügel anzulegen und betont, dies sei in Deutschland bereits zum Teil umgesetzt.

Merkel selber sieht sich in ihrem politischen Kurs von der Bewegung sogar gestützt und geht dabei ignorant darüber hinweg, dass sich die Demonstranten, wenn sie nicht gerade vom Bundeskanzleramt oder vom Reichstag weggetragen werden, vor allem auch gegen sie und ihre Politik wenden.

Wenn wir zur Zeit erleben, wie sich Politiker jeder Couleur genau mit der Bewegung solidarisch erklären, die sie eigentlich fürchten müssten, dann ist die Occupy-Bewegung in größter Gefahr, selber okkupiert zu werden.

Möglich wird dies erst durch die Beliebigkeit, mit der sich die Bewegung zur Zeit noch präsentiert. Da sie keine konkreten politischen Ziele benennt sondern in ihrer Entstehungsphase hauptsächlich Unzufriedenheit und Empörung signalisiert, bietet sie dem gesamten Spektrum der Politik-Darsteller eine freundliche Kontaktfläche, an die diese nur anzudocken brauchen.

Der Ausweg aus dieser, sich deutlich abzeichnenden Misere kann nur darin bestehen, dass sich die Bewegung zumindest auf ein Minimum konsensualer Forderungen einigt, um damit klar zu machen, dass sie dem Großkapital, den Herrschenden, den Mächtigen und den Verursachern der herrschenden Verhältnisse keine Heimat bieten will.

Unmissverständliche Forderungen statt kleinschrittiger Bankenkritik

Bei den Protesten handelt es sich um eine Demokratiebewegung und nicht um eine Imitation des Occupy-Wall-Street-Movements. Die Empörung der Menschen beruht auf der Beobachtung, dass in diesem und in anderen Ländern über die Köpfe der Mehrheiten hinweg regiert wird, dass die Regierungen Marionetten der Wirtschaft sind und dass die Umverteilung von Vermögen und Ressourcen von unten nach oben schamloser betrieben wird, als jemals zuvor.

Fasst man die Wünsche und Bedürfnisse der maßgeblich an den Protesten beteiligten Menschen zusammen, dann entsteht ein Manifest, auf dessen Inhalte sich fast alle Teilnehmer, Anhänger und Sympathisanten verständigen können.

Wenn verhindert werden soll, dass die Bewegung jetzt von genau denjenigen, die das Ziel der Proteste sind, vereinnahmt wird, dann muss sie ihre Beliebigkeit ablegen und sich auf eine Liste gemeinsamer Forderungen verständigen, denen sich Politik-Darsteller, Industrielle, Spekulanten, Investoren und Bangster nicht anschließen können, ohne ihr Gesicht zu verlieren.

 

Bewegung 15. Oktober

Manifest für echte Demokratie, soziale Gerechtigkeit, Freiheit und Solidarität

 

Demokratie

Wir wollen in einer Gesellschaft leben, die sich zur Demokratie im Sinne einer direkten Volksherrschaft bekennt, die Aufklärung über Manipulation stellt und in der jede Stimme, ohne Ansehen von Vermögen und sozialem Status, gleich viel zählt.

Frieden

Wir wollen in einer Gesellschaft leben, die sich mit aller Kraft für den Frieden zwischen den Völkern und im Innern einsetzt und in der Krieg und Gewalt geächtet und nicht als Mittel der Politik anerkannt werden.

Meinungsfreiheit

Wir wollen in einer Gesellschaft leben, in der jeder seine Meinung ohne Angst vor Verfolgung oder Benachteiligung offen und frei äußern kann.

Toleranz

Wir wollen in einer Gesellschaft leben, in der jeder, unabhängig von seiner Herkunft, seiner Religion, seiner Überzeugung, seiner sexuellen Orientierung und seinen körperlichen und geistigen Eigenschaften mit Toleranz, Würde und Verständnis behandelt wird

Solidarität

Wir wollen in einer Gesellschaft leben, die Schwachen, Hilfsbedürftigen und Notleidenden, unabhängig von den Ursachen für ihre Schwäche, ihre Hilfsbedürftigkeit und ihre Not, im eigenen Land und in jedem anderen Land solidarisch und hilfsbereit gegenübersteht.

Wirtschaft

Wir wollen in einer Gesellschaft leben, in der sich die Wirtschaft dem Wohl der Menschen unterordnet, in der Besitz untrennbar mit sozialer Verantwortung verbunden ist und in der das Streben nach Glück höher bewertet wird als das Streben nach Gewinn.

Arbeit

Wir wollen in einer Gesellschaft leben, die sich für gerechte und faire Arbeitsverhältnisse einsetzt, die Menschen in allen Lebenslagen und Altersgruppen Perspektiven bietet und die verhindert, dass die Würde der Arbeit der Profitsucht und Gier Einzelner geopfert wird.

Bildung

Wir wollen in einer Gesellschaft leben, in der jeder, unabhängig von seiner Herkunft, seinem sozialen oder finanziellen Status, seinem Alter und seiner Vorbildung Zugang zu allen Bildungsangeboten erhält und sich frei und ohne Einschränkungen mit allen Inhalten beschäftigen kann, die ihm für seine persönliche Entwicklung als sinnvoll erscheinen.

Soziale Sicherheit

Wir wollen in einer Gesellschaft leben, in der niemand Angst um seine soziale Sicherheit und seine Versorgung mit Wohnung, Nahrung, Wärme, Kleidung, kultureller und sozialer Teilhabe, medizinischer Versorgung, Bildung, Kommunikation, Genuss und Mobilität hat.

Nachhaltigkeit

Wir wollen in einer Gesellschaft leben, in der alle mit Sorgfalt und Behutsamkeit mit den Menschen, der Natur, der Umwelt und den Ressourcen umgehen.

 

Hierbei handelt es sich um einen Vorschlag. Jeder, der sich zugehörig zu der Bewegung fühlt, soll den Entwurf prüfen, ihn erweitern, ergänzen und verbreiten, bis er sich zum Konsens entwickelt hat, der den Protesten ein klares Gesicht verleiht und es den Medien und der Politik unmöglich macht, sie für sich und ihre eigenen Ziele zu vereinnahmen und zu missbrauchen.

Empört Euch! Verbündet Euch! Wehrt Euch!

 

59 Kommentare

Eingeordnet unter Innenpolitik, Politik

59 Antworten zu “Occupy the Occupy: Bewegung 15. Oktober wird vereinnahmt

  1. Pingback: News und aktuelle Meldungen

  2. Lutz

    Wie wäre es, statt eines Manifests, Aussagen einzelner zu sammeln, was ihr persönliches Ziel ist?
    Ich z.B. will in einer Welt leben in der jeder Mensch seine eigenen Ziele verfolgen und verwirklichen kann. Das klingt zwar wenig, fast aber das ganze Manifest in einem Satz zusammen.
    Es geht sogar noch kürzer mit nur einem Wort: Freiheit.

  3. Lili Klein

    Für mich ist das Bedingungslose Grundeinkommen eine wichtige Forderung, die ich dem Themen Arbeit und Soziale Sicherheit unterordnen würde.
    Das Bedingungslose Grundeinkommen würde sofort den „Rettungsschirm“ für jeden Menschen aufspannen und macht uns wirklich frei, uns zu entscheiden was wir tun wollen. Außerdem hat diese Forderung auch den Effekt, dass sie mit Sicherheit keine „Trittbrettfahrer“ anzieht, die im Sinn haben Menschen in ihrer Freiheit zu beschneiden!

    • So richtig das bedingungslose Grundeinkommen sein KANN, wenn es ein menschenwürdiges Leben erlaubt und den sich wandelnden Einkommensverhältnissen angepasst werden würde, wurde es von Herrn Westerwelle bereits aufgegriffen und benutzt, um als Vehikel zu dienen, Hartz IV weiter zu kürzen – auf insgesamt ca. 500 Euro! DAS ist weitere Enteignung derer, die nichts haben, das weitere und noch schlimmere Armut, damit „der Staat“ weiter „verschlankt“ werden kann, es also weitere Umverteilung von unten nach oben geben kann!

      Das bedingungslose Grundeinkommen ist janusköpfig!

  4. Sorry, mir geht das alles nicht weit genug.

    Wo ist was von der Überwindung einer wachstums- und marktgläubigen Ideologie zu lesen?

    Kapitalismus bedeutet Wachstumszwang, was Nachhaltigkeit ausschließt. Kapitalismus bedeutet Konkurrenz, was Solidarität ausschließt. Kapitalismus bedeutet Besitzverhältnisse, die ungleich verteilt sind, was Gleichheit negiert. Usw.

    Was ist mit den Zinsen, die Vermögende dafür belohnt, Geld zu sparen, d.h. dem Wirtschaftskreislauf zu entziehen? Zinsen, die Nichtbesitzende erwirtschaften müssen, um diese an Vermögende abzugeben.

    Was ist mit einer Bodenreform? Ist es fair, Kinder in eine Welt zu setzen, von der jeder Qudratmeter irgend jemanden gehört, fast alles im privaten Besitz ist? Ist es gerecht, das Privatpersonen Grund und Boden besitzen, Verfügungsgewalt über diesen haben und dies auch noch an ihre Nachfolger vererben können?

    Was ist mit den nicht rückzahlbaren Verbindlichkeiten von Volskwirtschaften gegenüber privaten Gläubigern? (Nein, dass sind nicht die Banken, sondern die Hochfinanz in deren Auftrag sie handeln.)

    Das Manifest, so gut gemeint es auch ist, atmet meiner Meinung nach den Glauben daran, dieses „System“ zähmen zu können. Dieses System läßt sich aber nicht zähmen, sondern es muss diesem ein nachvollziehbarer Gegenentwurf gegenübergestellt werden. Hierbei gilt es auch Dogmen zu überwinden, undenkbares zu denken, und, ja, dazu gehört eine Weltgemeinschaft, die bereit ist ihren Hunger nach materiellen Gütern, dem Status Quo zu reduzieren um das Versprechen auf eine glücklichere, natürlichere, selbstbestimmtere, gerechtere Welt einlösen zu können….

  5. Hallo Jacob, hallo an alle,

    ich finde deinen Entwurf für ein Manifest super und sehe auch dringend einen solchen Bedarf. Ebenso halte ich es aber auch für wichtig, einem solch wichtigen Schritt und der genauen Ausarbeitung genügend Zeit einzuräumen.

    Auch der von dir verlinkte Text von Florian ist genial, ebenso lese ich sehr viele hervorragende Kommentare auf verschiedenen Blogs…schließlich kam mir der Gedanke, dass wir für die Bewegung im Grunde eine zentrale Site einrichten könnten, auf der ein breiter Austausch von Ideen, Statements, Meinungen, Verlinkungen, Terminen usw. möglich ist.

    Mir zumindest geht es gerade so, dass ich von Site zu Site hüpfe, viele interessante Ansätze lese, dabei aber denke, dass ein guter Teil davon einfach untergehen wird bzw. das Ganze im Chaos enden könnte.

    Um einen breiten Konsens zu finden, bräuchten wir eine Site, auf der wir uns versammeln und die neuen Beiträge zentral gepostet / verlinkt werden. Oder seht Ihr das anders? Nicht jeder hat die Zeit, endlos zu surfen und sich von x Stellen Infos und Meinungen einzuholen; letztlich sollten wir aber einen Ort des Austausches finden bzw. ins Leben rufen, auf dem sich die wesentlichen Aspekte versammeln und der ein guter Anlaufpunkt für jede/n ist, der sich informieren möchte, eigene Gedanken einbringen kann und Austausch findet.

    Ich denke dabei auch an jene Menschen, die zwar die gleichen Überzeugungen teilen, aber nicht gewohnheitsmäßig auf diversen Blogs oder überhaupt ständig im Netz unterwegs sind…also eine Site auch für Menschen, die nicht derart Internet-konform sind, es jedoch durchaus in gewissem Maß nutzen. Auch jenen (und das sind viele!) sollte eine solche zentrale Plattform hilfreich sein. Diese Menschen werden ihre Infos ansonsten eher aus den Massenmedien beziehen und es wäre sehr schade, wenn sie der daraus derzeit gewonne Eindruck von einem Engagement abhalten würde.

    Darunter sollten keineswegs einzelne Blogs“ leiden“, im Gegenteil sollten dort zentral auf alle diesbezüglichen Beiträge verlinkt werden, damit sich auch jene, die derzeit zwar sympathisieren, aber noch nicht recht wissen, wie und was, gut und leicht zurechtfinden, sich äußern können und breit gefächerte Infos finden. Wäre auch für Entscheidungsfindungen wie eben der eines langfristig gemeinsam getragenen Manifestes sehr hilfreich.

    Beste Grüße an alle!

  6. Pingback: Entwurf eines konsensualen Manifestes | alex11 – aCAMPada Berlin

  7. Hallo!
    Ich würde dringend von Manifesten und Papieren abraten, weil sie nicht zu unserem Vorteil arbeiten. Wenn du verbindliche Forderungen festlegst schliesst du alle aus, die diese Forderungen nicht teilen. Viele von uns haben Forderungen die denen anderer diametral gegenüber stehen. Wenn wir wirklich 99% sind sollte es sich als äusserst schwer erweisen ein konsensuales manifest zu konstruieren. Ich bin gegen ein Mainfest, weil es die Bewegung aufspalten wird …

    • KPS

      Es wird aber der Zeitpunkt kommen müssen, an dem wir unsere Vorstellungen konkretisieren – sonst werden wir bald nicht mehr ernst genommen. Sonst kommen jene, die sagen, die sind gegen alles und haben nicht den geringsten Plan, was werden soll. Das müssen wir unbedingt vermeiden. Du hast zwar Recht – sobald wir konkret werden, können sich nicht mehr alle damit identifizieren. Aber deshalb diskutieren wir ja u. a. hier darüber, damit die Sache schließlich auf einer breiten Basis steht.

  8. Hallo Jacob, ich schließe mich meinen vorschreibern an und unterstütze, durch Weitergabe diesen Entwurf.
    Einen kleinen Zusatz hätte ich noch, wenn der nicht über das Ziel hinausgeht:
    Recht:
    Wir wollen in einer Gesellschaft leben, in der alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Spekulation und persönliche Bevorteilung als kriminelle Handlungen eingestuft werden und als solche zu ahnden sind.

    Bei Wirtschaft würde ich noch einfügen, die klar an Wirtschaftsgesetzen ausgerichtet sind, die eine Profitmaximierung grundsätzlich ausschließt und gemeinnützige Wirtschaftsformen ermöglicht (weil sonst ist es ein guter Wille und mehr nicht).
    Viele Grüße an alle!

  9. Es gibt keinen Konsens, dass ein Manifest überhaupt geschrieben werden sollte … darauf wollte ich nochmal hinweisen …

    • Hatte heute auch eine Eingebung, dass ein Manifest – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt – eher schädlich als nützlich sein könnte, so gut ich den Entwurf von Jacob auch finde. Fazit: Momentan kein Manifest u.a. deshalb, weil wir uns damit Spielregeln unterordnen würden, die wir im Grunde nicht akzeptieren (à la „Wir haben jetzt schon die Lösung für alles“, bekannt aus der derzeitigen Politik). Prinzipielle Mobilisierung erscheint momentan sehr viel erfolgversprechender und ehrlicher – das Weitere gibt sich. Eins nach dem anderen und sich nicht von bisher gängigen Erwartungen fangen lassen!

  10. Bekommen die Occupy-Demonstranten in Deutschland nicht von der Presse Taschengeld?

  11. Pingback: Wehrt Euch! | Heinrichplatz TV

  12. Brot und Spiele – Version 2.0
    In Fukushima fliegt uns vielleicht die Welt um die Ohren – in unsere Nachrichten schafft es diese Mitteilung nur noch als Randnotiz. Die Lösung überlässt man der Industrie, die uns das Problem eingebrockt hat. Wieviel Plutonium da rausgeflogen ist, werden wir – wenn überhaupt – erst viel später erfahren. Vermutlich wenn wir die ersten Spuren dieses hochgiftigen Schwermetalls in unseren Fischen finden. Das Brot ist halt nicht mehr so lecker, aber wir haben schöne neue Spiele…

    Unsere Regierung ordnet eine Sicherheitsüberprüfung an, “Brot” fürs Volk, die man sich auch hätte schenken können – aber für das Volk wird durch Aktionismus sugeriert man kümmere sich um die wirklichen Probleme.

    Das eigentliche Problem beim Umstieg auf die erneuerbaren Energien, die Energiespeicherbarkeit und die Energie-Transportwege werden wochenlang mit immer den selben Phrasen von unserem ehemaligen Bundeswirtschaftsminister weichgeredet. Die Lösungen überlässt man gänzlich der Industrie. Die Konditionen diktiert die Industrie, die Rechnung bekommen wir präsentiert. Wie üblich.

    Dann bekommt das Volk wieder “Spiele” – Madame Merkel will eine Million Elektro-Pkw bis 2020. Wer baut die dafür nötigen Tankstellen? Das regelt schon die Industrie.

    Unser Gemüse ist mit Scheiße verschmutzt, selbst nach Wochen tappen die Ermittler im Dunkeln. Wir bekommen erklärt, wie man eine Gurke richtig reinigt bevor man sie verspeist, dann kommt Musikantenstadl. Noch ein Kanten “Brot”, noch eine Runde “Spiele”.

    Deutschland sucht den Superstar, statt das Schwein, das für diesen Dreck verantwortlich ist. Überlässt man das auch der Industrie, die ja auch dafür gesorgt hat, daß der Scheiß überhaupt passierte?

    Robert Koch sein Institut, einige Universitäten, mehrere Ministerien arbeiten Hand in Hand… oder so ähnlich. Die Rechnung dafür bezahlen wir gerne, denn es geht ja um unsere Nahrungsmittel … aber warum muß es erst soweit kommen? Kein Hobbygärtner käme auf die Idee, seinen Garten mit Klärschlamm zu düngen. Kein Hobby-Hühnerzüchter würde seinem Vieh Altöl unters Futter mischen. Warum? Weil das schnelle Geld lockt!

    Jetzt mal ehrlich, weiß irgendjemand, was mit den Schweinen passierte, die vor wenigen Jahren unser Geflügel vorsätzlich mit Hydrauliköl im Futter “versorgten” ? Ist denen etwas passiert?

    Alle diese wenigen Beispiele, von denen man noch hunderte aufführen könnte, haben eins gemeinsam. Wir bezahlen dafür, wir, die Gemeinschaft. Überschüsse gehen aber nicht an die Gemeinschaft, sondern an einige wenige, die noch weniger dafür tun. Unsere Regierungen unterstützen sie dabei nach besten Kräften. Lobbyisten sei Dank. Cash RuleZ.

    Die Masse Menschen interessiert sich für dieses Ungleichgewicht der Verteilung kaum, denn sie werden mit Brot und Spielen ruhig gestellt. Man kennt es aus der Geschichte, auch in Rom gelang das schon eine Weile, bis dann irgendwann das System, mit Mord und Totschlag, in sich zusammenbrach.

    Wir, die Gemeinschaft, wir müssen das ändern. Jetzt!

    Nur wenn wir, das Volk, Politikern mitteilen, was uns stinkt, kann sich auch etwas ändern; nur wenn wir unsere Meinung kund tun, kann sie auch gelesen/gehört werden. Die Möglichkeiten sind heute einfacher denn je zuvor.

    [diesen Kommentar hatte ich am 24.06.11 veröffentlicht, aktuell ist er immer noch]

    • Es ist mir leider nicht möglich, Deinem Kommentar den „Daumen hoch“ zu geben, also gebe ich Dir meine Zustimmung schriftlich und mit Gesicht.

      Nur zur Energiepolitik: Es gibt bereits – wie von mir schon lange Vermutet – längst die Techniken, um dieses Problem grundsätzlich, fast kostenlos und sauber zu lösen (Die Energiekonzerne können dann freilich einpacken!).

      Diese Rede hat bisher leider keine Untertitel und ist auf Englisch:

  13. senzo

    Wir müssen bereit sein Kritik zu ertragen. Echte Auseinandersetzung läuft nicht über den Like-Button.

    MANGEL AN SORGFALT BEI DER SCHILDERUNG DER AMERIKANISCHEN OCCUPY BEWEGUNG
    Deine Schilderung der amerikanischen Occupy Bewegung in diesem Blog-Post ist irreführend, uninformiert und wenn nicht unverantwortlich, dann zumindest fahrlässig. Zwar konnte man in deutschen Mainstream Medien den Eindruck bekommen, Occupy New York und die Bewegungen anderen Städten der USA seien nur auf Bankenkritik und Finanzkrisen-Schmalspur-Thematik abonniert, aber das sind sie nicht und waren es schon damals nicht. Das konnte man auch schon wissen und als Blogger, der einen Manifest-Entwurf für die deutsche Occupy Bewegung veröffentlichen will und darin Aussagen über Occupy Wall Street macht, musste man das auch schon wissen. Dein Eintrag datiert vom 17.10., die Deklaration der General Assembly von Occupy Wall Street (http://www.nycga.net/resources/declaration/, im Folgenden declaration genannt) wurde am 29.09. beschlossen und war am nächsten Tag online. Am 03.10. waren die ersten Übersetzungen verfügbar. Selbst wenn Du die Deklaration verpasst haben solltest während dieses ganzen Zeitraumes, hätte es jede Menge Videos, Links in sozialen Netzwerken und andere Quellen gegeben, die einen genaueren Eindruck der amerikanischen Occupy Bewegung geben.

    ZU KURZ GREIFENDE BEGRÜNDUNG DER NÜTZLICHKEIT ODER GAR NOTWENDIGKEIT EINES DERARTIGEN FORDERUNGSKATALOGS
    Die Notwendigkeit, schnell ein Manifest oder Forderungskatalog zu erstellen, leitest Du weiter ab von der Gefahr, andernfalls vereinnahmt zu werden. Angela Merkel höchstpersönlich biedert sich der Bewegung an, bzw. versucht die Deutungshoheit über die Proteste zu erringen. Die Diagnose ist völlig richtig. Sobald mächtige Akteure begreifen welche Gefahren oder Chancen sich Ihnen durch die Occupy Bewegung ergeben, und besonders die deutsche Occupy Bewegung, werden sie entsprechend reagieren. Das ist völlig normal und man kann gar nichts anderes von Menschen mit Führungspositionen in bestehenden Interessengruppen und politischen Verbänden und Parteien erwarten. Aber ist dies ein Grund zur Panik? Haben wir die selben Sorgen wenn der DGB, Die Linke oder Attac in der Bewegung eine herausgehobene Rolle spielen wollen oder sie für ihre Zwecke nutzen? Wir sollten sie vielleicht haben, Sorge, skeptisch und wachsam sein, nicht aufhören selber zu denken. Aber Panik? Nein, dafür gibt es keinen Anlass. Bloß weil die Regierung, Sigmar Gabriel oder Die Linke sich strategisch zu der Bewegung verhalten, geschieht keine Vereinnahmung. Wir sind in unseren Ansichten, Denkgewohnheiten und Lebenslagen sehr verschieden? Geben nach außen ein diffuses Bild ab, ohne das klar wird, wofür wir eigentlich stehen? Bloß schnell einen Forderungskatalog her, einen Konsens, eine Menge an Leitlinien, ein Manifest gar. Egal wie. Es muss schnell gehen. Wem soll damit eigentlich gedient sein? Sicher, Frau Merkel würde es schwer haben diesen Sätzen zuzustimmen, vielleicht auch FDP und SPD. Das scheint Deine Hauptsorge zu sein. Dabei stellen die Aussagen von Frau Merkel kaum eine Gefahr für unsere Bewegung dar. Die Menschen, die diese besänftigenden Worte und verkürzte Analyse überzeugen, haben eh keine Ahnung von der Occupy Bewegung und die Menschen, die mitmachen lassen sich von so etwas nicht mehr so schnell einlullen. Auch die beipflichtenden Worte von Herrn Gabriel werden nun niemanden dazu bewegen erleichtert zu seufzen und sich nach Hause zu begeben, im Vertrauen die SPD werde es schon richten, nein. Aber wie steht es mit Grünen, Linken und anderen Gruppierungen? Wird es für die nicht gar leichter Vereinnahmung zu betreiben wenn die Hälfte dieser wohlfeilen Sätze eh schon im Parteiprogramm steht? Aus genau diesem Grund hat Occupy Wall Street ja ganz dezidiert die Erstellung eines solchen Katalogs wie Deines Manifests verweigert (Begründung hier: http://www.echte-demokratie-jetzt.de/2011/10/keine-liste-der-forderungen/) Für einen demokratischen Prozess der in bottom-up Richtung Interessen vertreten will, macht es nicht nur Sinn an einem Strang zu ziehen. Eine gewisse Überparteilichkeit mag sogar notwendig sein, anstatt sich möglichst früh von allem und allen möglichen abzugrenzen. Haben wir doch vertrauen in unsere eigene Widerstandsfähigkeit gegenüber Absorptionsversuchen wie denen unserer Parteien. Beugen wir uns nicht der reflex-artigen Vorwürfe der etablierten Presselandschaft, die Bewegung habe keinen klar erkennbaren Focus. Wie die New Yorker schon feststellen, wir müssen derlei unreflektierte Erwartungen nicht bedienen, bei keinem Spiel mitspielen. Dies ist unser Spiel und wir haben die Chance die Regeln selber mitzugestalten.

    GRUNDSÄTZLICHE PROBLEMATIK DIESES MANIFESTS
    Ich bekomme das Manifest von einem Freund gereicht, der es mir zu Feedback zwecken gibt. Für unsere örtliche Occupy Bewegung ist wohl geplant worden es zu übernehmen. Beim Lesen des Manifests sträubt sich mir innerlich das Fell. Sicher, der wenig überzeugende Vorlauf mag dazu beitragen, aber das ist nicht alles. Da ist noch etwas. Ich entwickle einen starken Unwillen beim lesen der einzelnen Punkte und äußere dieses Unbehagen gegenüber meinem Freund. Auf seine Nachfrage hin, was mir missfalle, und die folgende Überprüfung der einzelnen Abschnitte bin ich verblüfft. Inhaltlich gibt es eigentlich keine Punkte die ich ihm nennen könnte, von denen ich sagen würde: „das geht ja gar nicht“. Was ist es aber dann, was mich stört? Eine Ahnung bildet sich heraus. Es liegt gar nicht an den Inhalten der einzelnen Punkte die ich zu bewerten versuche. Es liegt an dem Ding an sich. Nach ausgiebiger Auseinandersetzung wird klar, wir beide sehen das Grundsatzproblem auf mehreren Ebenen, auch wenn mein Freund lange mit sich ringen muss. Es schließt alles aneinander an. Der Autor erringt nicht unser Vertrauen in seine Analyse der Angelegenheit. Das Manifest so zu erstellen scheint unnötig zu sein. Es fehlt dem Dokument an dem Ritterschlag der Legitimation durch Entstehung in einer Versammlung, es fehlt im die Prägnanz und Treffsicherheit einer Präambel oder der Deklaration. Die Liste der Forderungen gibt vor, mit was man sich auseinandersetzen soll, wodurch Kreativität eher eingeschränkt und beengt wird als angeregt und freigesetzt. Wer sich selber noch nicht in der Lage fühlt zu formulieren mag froh sein derart an die Hand genommen zu werden und nicht selber die Arbeit eines Anfangs erledigen zu müssen. Für den Großteil der inhaltlichen Arbeit der Occupy Bewegungen ist dies gar nicht notwendig. Denn im gemeinschaftlichen Austausch entwickeln sich ganz von selber Fragen und Gedanken. Ich würde es begrüßen wenn wir möglichst viel selber darüber nachdenken welche Probleme wir sehen, was uns wichtig ist, und welche Utopien und Vorstellungen von Soll-Zuständen wir haben, vielleicht sogar welche Wege wir gehen wollen. Schließlich sind wir selber Teil der Systeme die so problematisch sind und wie es in einem der Occupy Wall Street Videos so schön heißt: „[…] to change the world […] the first thing is to change ourselves.“ Change begins with changing ourselves“. Eine weite Übernahme dieses Manifests würde sich gar zu einem Konflikt entwickeln für die Vielen denen es widerstrebt etwas derartiges vorgesetzt und vorgekaut zu bekommen, die aber auch nicht unsolidarisch mit anderen Occupy Bewegungen sein wollen, die es übernehmen. Zu guter Letzt ist eine Webseite nicht der richtige Ort (und indirekte, elektronische Kommunikation kein Ersatz für echtes Zusammenkommen), an dem etwas derart Bedeutendes wie ein Manifest mit Ausstrahlungs- und Vorbildwirkung erstellt werden kann.

    Vor diesem Hintergrund würde ich vorschlagen dieses Werk als Manifest für die Occupy Bewegung zurückzuziehen und es vielmehr als das zu bezeichnen, was es ist – ein persönlicher Entwurf für Leitlinien einer besseren Gesellschaft.

  14. Hallo senzo,

    vielen Dank für Deinen ausführlichen Kommentar.

    Kurz vorab: Die amerikanische Bewegung ist nur am Rande Gegenstand meines Artikels. Ich habe nur darauf verwiesen, weil ich es ärgerlich fand, dass Occupy Wall Street zur Vorlage der hiesigen Bewegung erklärt wurde, während die Anfänge der „Echte Demokratie Jetzt“ deutlich älter sind.

    Deinen Standpunkt kann ich sehr gut nachvollziehen. Meinen Entwurf habe ich zunächst nur in die Runde geworfen, weil ich es persönlich für wichtig halte, dass die Bewegung eine klare Kontur erhält.

    Solange das nicht der Fall ist, passieren m.E. zwei Dinge: Erstens versuchen Parteien und Organisationen sich anzudocken. Wenn quer durch alle Parteien, Verbände und Lobby-Organisationen Zustimmung signalisiert wird, gerade auch von denen, die selber im Mittelpunkt der Kritik stehen, dann sollte dies nicht unwidersprochen hingenommen werden.

    Zweitens fällt es vielen Menschen schwer, sich mit der Bewegung zu solidarisieren oder daran mitzuwirken, weil sie keine genaue Vorstellung davon haben, wofür sie eigentlich steht. Wenn Du die Diskussionen in Foren und in den sozialen Netzen verfolgst, dann bemerkst Du, dass dort sehr viele Einzelpersonen oder kleine Gruppen für sich in Anspruch nehmen „die 99 Prozent“ zu sein. Solange sich die Bewegung nicht auf Mindest-Richtlinien eignet, kann ihre Breitenwirkung von jedem in Anspruch genommen werden. In meinen Augen liegt darin eine Gefahr, dass sie sich innerhalb von kurzer Zeit auflösen könnte, weil ihre Ziele zu beliebig sind.

    Was ich hier eingestellt habe, ist nicht mehr als ein Entwurf, der in meinen Augen die wichtigsten Forderungen aufgreift und formuliert. Ich habe ihn zur Diskussion gestellt, um Reaktionen darauf einzufangen und mir dadurch selber ein Bild davon zu machen, ob sich ein Konsens abzeichnet. Ich sammel immer noch weiter und will am Ende dieses Prozesses einen neuen Entwurf erstellen, der Kritik, Ergänzungen, Vorschläge und Änderungswünsche berücksichtigt.

    Es entspricht dabei nicht meiner Intention, ein Manifest zu erarbeiten, dass für die ganze Bewegung verbindlich wird. Auch habe ich nicht die Vorstellung, dass es zur Grundlage der künftigen Außenkommunikation wird. Ich schließe es aber auch nicht aus, dass sich viele Menschen mit den hier aufgeführten Forderungen und Standpunkten identifizieren können und das der Text vielleicht einmal in einen späteren Entwurf mit einem breiteren Konsens einfließt.

    Im Gegensatz zu Dir, halte ich das Internet übrigens unbedingt für die passende Plattform zur Erarbeitung solcher Texte. Hier haben Menschen unabhängig von ihrem Wohnort und von ihren Möglichkeiten oder ihrer Bereitschaft, selber auf die Straßen zu gehen, die Möglichkeit, sich einzubringen.

  15. Hallo in die Runde, ich möchte mal den Deckel ein wenig hochheben, damit ein wenig der Dampf entweichen kann und wir ein wenig klarer sehen können.
    Einen Konsens zu erringen ist doch kein Eierppopeier-Ringelrein, aber fair sollte er sein. Das vermisse ich an einigen Aussagen, schade. Es geht doch darum, aus verschieden Auffassungen, die sich oft auch konträr gegenüberstehen, eine Lösung zu finden, die über die Einzellösungen hinausgeht und eine völlig neue Qualität darstellt. Ist es da nicht legitim seine persönliche Meinung, in einer Versammlung und dies hier ist sicherlich eine virtuelle Form davon, vorzutragen? Niemand hat für sich persönlich in Anspruch genommen, hier eine fertige Lösung anderen aufzuzwingen. Ist es heute noch möglich zu allen Dingen den genauen Vorgang zu erfassen, wenn man noch arbeiten muß?
    Wenn wir von 99% reden, schließen wir ja schon welche aus! Wer das am Ende sein wird, steht auf einem ganz anderen Blatt. Fakt ist, es werden sich nicht alle den Interessen der Mehrheit unterordnen wollen, aus welchen Gründen auch immer.
    Ich halte es für Haarspalterei, ob das nun Deklaration, Manifest oder Grundsätze heißt. Ich bin auch der Meinung, das es für uns eine Richtlinie geben sollte, ob diese jetzige Form ist, wollen wir ja gerade klären! Warum schon wieder gegen etwas sein, statt zu äußern, wie man es aus seiner Sicht nach vorn bringen möchte, die gemeinsame Idee. Ich erlebe es gerade selbst, was Jacob oben schildert, da demonstrieren bestimmte Gruppen lieber mit ihren 30 Hanseln vor dem Rathaus und machen damit nicht nur sich, sondern auch die ganze Bewegung lächerlich. Sie sind nicht gewillt, auf eine Einladung zur Koordination der Aktionen einzugehen, bis heute nicht. Uns muß es gelingen auf einander zu zugehen und unter uns die Vorurteile abzubauen, wenn wir mal mehr wie 0,99% werden wollen. Fangen wir doch damit hier und jetzt an.

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