Zum Tod von Muammar al-Gaddafi: Die Tötungskultur des Westens

20.10.2011 – Noch vor wenigen Jahren war die Tötung von Menschen in unserem Kulturkreis geächtet. Wir stellten uns über Länder wie Indien und sagten überheblich: „Dort ist ein Menschenleben nichts wert“. Wir hielten uns viel darauf zugute, dass unsere „christlich-abendländische Leitkultur“ uns so deutlich von der Barbarei in anderen Gebieten der Erde unterschied.

Heute wurde Muammar al-Gaddafi in Sirte von den Truppen der Übergangsregierung getötet. Verwackelte Aufnahmen von Handy-Kameras zeigen die letzten Augenblicke im Leben des Mannes, der noch vor wenigen Monaten von aller Welt als eigenwilliger Staatschef hofiert wurde.

Wer heute die Bilder betrachtet hat, auf denen man sehen konnte, wie Gaddafi halbnackt, angeschossen, blutüberströmt und halb bewusstlos von einer johlenden Menge bewaffneter Rebellen durch die Straßen von Sirte gezerrt wurde und sich angesichts dessen über einen Sieg der Freiheit, der Menschenrechte und der Demokratie freut, der macht es sich zu einfach.

Im Zweifel mit Gewalt

Als Angela Merkel Anfang Mai diesen Jahres ihrer Freude über die Tötung Osama Bin Ladens Ausdruck verlieh und in diesem Zusammenhang von einem „Erfolg für die Kräfte des Friedens“ sprach, da markierte ihre Äußerung den Abschluss eines kulturellen Wandels. Spätestens ab diesem Zeitpunkt war es gesellschaftlich akzeptiert, den Tod eines Menschen billigend in Kauf zu nehmen, wenn pragmatische Argumente für die Alternativlosigkeit der Tötung sprechen.

Begonnen hatte dieser Wandel damit, dass Bundespräsident Horst Köhler zu offen über Kriege aus wirtschaftlichen Gründen gesprochen hatte und in der Folge der sich hieraus entwickelnden Debatte zurücktrat. Als Karl-Theodor zu Guttenberg kurze Zeit später im Zusammenhang mit dem Afghanistan Einsatz der deutschen Bundeswehr von einem Krieg sprach, da war, zumindest aus der Mitte der Gesellschaft, kein Aufschrei zu vernehmen.

Als Guttenberg mit der Abschaffung der Wehrpflicht den ersten Schritt zur Umwandlung der früheren Verteidigungsarmee in eine schlagkräftige Truppe für mehrere gleichzeitige, internationale Einsätze absolvierte, zeigten sich Beobachter allenfalls erstaunt darüber, das dieser Vorschlag ausgerechnet aus der Union stammte. Der hinter dieser Entscheidung stehende Paradigmenwechsel – die Bundeswehr wird auf ihre Rolle als Angriffsarmee vorbereitet – blieb wiederum weitgehend unkommentiert.

Abgesehen von DER LINKEN setzt sich keine Partei für einen umgehenden und bedingungslosen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan ein. Die Tatsache, dass in Afghanistan Tag für Tag Menschen, darunter viele Zivilisten und Kinder, getötet werden, fließt nicht in die Beurteilung der dortigen Lage und der Rolle der deutschen Bundeswehr ein. Stattdessen werden politische, militärische und wirtschaftliche Erfolgspotenziale gegeneinander abgewogen. Am Ende dieses Prozesses steht das Akzeptieren von Krieg, Mord und Vertreibung als legitimes Mittel politischen Handelns.


Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie

Die Rechtfertigung für unser aggressives Eingreifen in fremde Systeme sehen wir in unserer vermeintlichen Vormachtstellung, die auf den Wertbegriffen Freiheit, Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie beruhen soll. Wir akzeptieren Eingriffe in Systeme, von denen wir glauben, dass sie gegen diese Werte verstoßen. Wir exportieren unsere Wertvorstellungen, indem wir auf fremden Territorien selber gegen Freiheit, Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie verstoßen.

Wenngleich sich die Bundesregierung in der Frage des militärischen Eingreifens in Libyen enthalten hat, herrscht ein breiter Konsens darüber, dass wir es für gutheißen, die libyschen Rebellen im Kampf gegen den früheren Staatschef und jetzigen Diktator Gaddafi unterstützen. Der Außenminister wurde für die Enthaltung erst angegriffen, nachdem die libysche Übergangsregierung deutlich gemacht hat, dass wirtschaftliche Opportunitäten im künftigen Libyen von der jeweiligen Position der einzelnen Staaten während des Bürgerkriegs abhängig gemacht werden.

Wir fiebern seit Monaten mit, wenn die Medien über ein weiteres Vorrücken der Rebellen berichten. Wir nehmen in Kauf, dass unter der Mitwirkung der NATO und unserer Verbündeten und unter Einsatz unserer Waffensysteme und Kriegstechnologien täglich Menschen getötet werden. Wir halten das Eingreifen für gerechtfertigt, weil wir Gaddafi für einen verbrecherischen Diktator und die Rebellen für aufrechte Demokraten halten wollen. Dieses polarisierende Bild ist mittlerweile in unseren Köpfen so tief verankert, dass wir keinen Anstoß daran nehmen, wenn Anhänger der Übergangsregierung, teilweise mit modernsten Maschinengewehren von Heckler und Koch ausgestattet, als unbewaffnete Rebellen bezeichnet werden, wenn Krankenhäuser, Schulen und Privathäuser bombardiert oder wenn Gaddafis Kinder und Enkelkinder getötet werden.

Wir sehen darüber hinweg, dass es sich bei vielen Angehörigen der Übergangsregierung um ehemalige Minister und hohe Staatsbeamte Gaddafis handelt, die rechtzeitig die Seite gewechselt haben. Während wir Rechtssysteme, die auf der Scharia basieren, argwöhnisch als akute Bedrohung unserer Freiheit beäugen, nehmen wir es gelassen zur Kenntnis, wenn der Übergangsrat das künftige Libyen auf exakt dieser Rechtsgrundlage errichten will.

Halbnackt, angeschossen, blutüberströmt

Solange mit der Akzeptanz eines Systems wirtschaftliche oder strategische Vorteile verbunden sind und solange wir unsere Waffen verkaufen und unsere Gier nach Rohstoffen befriedigen können, solange sehen wir großzügig über Menschenrechtsverletzungen, über diktatorische Unrechtsregimes und über Mord, Folter und Verfolgung hinweg.

So haben wir Gaddafi über Jahre und Jahrzehnte mit Waffen beliefert, weil er uns im Gegenzug mit Öl versorgt und uns die Flüchtlingsströme aus Afrika vom Hals gehalten hat. Und so beliefern wir jetzt Saudi Arabien mit Panzern oder Angola mit Patrouillenbooten und hofieren offiziell Diktatoren in aller Welt.

Wer heute die Bilder betrachtet hat, auf denen man sehen konnte, wie Gaddafi halbnackt, angeschossen, blutüberströmt und halb bewusstlos von einer johlenden Menge bewaffneter Rebellen durch die Straßen von Sirte gezerrt wurde und sich angesichts dessen über einen Sieg der Freiheit, der Menschenrechte und der Demokratie freut, der macht es sich zu einfach.

Ein „demokratischer“ Neuanfang

Wenn wir etwas gegen einen Menschen, sei es ein Despot, ein Terrorist oder ein Schwerverbrecher vorzubringen haben, wenn es nachvollziehbare Anzeichen für Rechtsbrüche und Beweise für Verbrechen gegen die Menschlichkeit gibt, dann müssen wir den Verdächtigen vor ein Gericht stellen. Dort müssen Vorgänge aufklärt, Beweise objektiv bewertet und Verbindungen aufgedeckt werden. Dort muss der Beschuldigte die Möglichkeit haben, sich zu rechtfertigen und zu verteidigen.

Stellt sich im Rahmen des Verfahrens die Schuld des Angeklagten heraus, dann muss er mit einer angemessenen Haftstrafe belegt werden. Ist er unschuldig, dann muss er freigelassen und rehabilitiert werden. Stellt sich im Laufe des Verfahrens heraus, dass weitere Personen an den vorgeworfenen Taten beteiligt waren, dann muss dem nachgegangen werden.

Dies wäre im Fall Osama Bin Laden ebenso angemessen und erforderlich gewesen, wie im Fall von Muammar al-Gaddafi. Dies umso mehr, wenn wir unsere Position glaubwürdig mit dem Verweis auf Freiheit, Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie rechtfertigen.

Versäumen wir dies, dann sind wir nicht besser als diejenigen, denen wir Gräueltaten vorwerfen, deren Länder wir mit Krieg übersähen und die wir in der öffentlichen Berichterstattung jenseits der „Achse des Bösen“ verorten.

Die ersten Reaktionen deutscher Politiker auf den Tod von Gaddafi sind beschämend, weil sie sich ausschließlich mit den wirtschaftlichen Chancen im künftigen Libyen beschäftigen.

Philipp Mißfelder (CDU) äußert sich heute über die deutsche UN-Enthaltung:

„Die Entscheidung war nicht richtig. Ich hoffe, dass dies ein einmaliger Vorgang bleibt. Im Zweifel wünscht man sich im UNO-Sicherheitsrat, dass Deutschland auch bei Unsicherheiten nicht mit Russland, China, Brasilien und Indien gemeinsam entscheidet, sondern mit unseren traditionellen guten Freunden und Partnern: Amerika, Frankreich und Großbritannien.“

Die bisherigen deutschen Geschäftsbeziehungen mit Gaddafi verteidigt der außenpolitische Sprecher der CDU:

„Es ist richtig, dass es wirtschaftliche Kooperationen mit Libyen gegeben hat, denn es gab auch einen Wandel in der Politik Gaddafis selbst. Deutschland konnte sehr gute Geschäfte mit Libyen machen, und das ist auch in Ordnung. Wir sind eine Industrienation, und im Spannungsbogen von werte- und interessengeleiteter Außenpolitik spielen wirtschaftliche Interessen immer eine große Rolle. Alles andere wäre naiv.“

Der außenpolitische Sprecher der SPD, Rolf Mützenich, kommentiert den Tod Gaddafis heute so:

„Durch ihr Abstimmungsverhalten hat die Bundesregierung jetzt wenige Möglichkeiten, auf die Partner einzugehen, die sich damals an der Koalition gegen Gaddafi beteiligt haben.“

Kein Wort über die unzähligen Menschenleben, die der Konflikt gekostet hat, kein Wort darüber, dass Gaddafi, entgegen jeglicher Rechtsmaßstäbe, hingerichtet wurde, statt vor ein Gericht gestellt zu werden. Stattdessen kalt-pragmatische Überlegungen und Erwägungen über die künftigen Möglichkeiten Deutschlands, sich an der libyschen Situation zu bereichern, Geschäfte abzuschließen und Marktanteile am libyschen Kuchen zu erheischen.

Und die Kanzlerin übt diesmal Zurückhaltung: Sie lässt Regierungssprecher Seibert twittern:

„Kanzlerin: Mit heutigem Tag ist Weg f. demokratischen Neuanfang in #Libyen endgültig frei. DE zur Unterstützung bereit.“

Ein demokratischer Neuanfang, der mit der Ermordung eines Verdächtigen beginnt, dessen Auftritt vor einem Gericht sich für viele seiner ehemaligen Verbündeten sehr kritisch hätte gestalten können. Angela Merkel lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass wir eine westliche Tötungskultur erreicht haben, die es uns erlaubt, die Ermordung von Menschen mit exakt den Werten zu rechtfertigen, mit deren Nichteinhaltung wir deren Verfolgung begründen: Freiheit, Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie.

74 Kommentare

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74 Antworten zu “Zum Tod von Muammar al-Gaddafi: Die Tötungskultur des Westens

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  3. Ovid99

    Das Ende von Gaddafi, ist zum Kotzen. Auch die Tötung von Söhnen und Enkelkindern ist mehr als unerträglich. Unabhängig von Gaddafis Taten. Ein lebender Gaddafi vor einem Gericht, das hätte ein Köpferollen unter europäischen Politspitzen ausgelöst.
    Der sogenannte Westen demaskiert sich zusehends. Alle unsere Politiker verspielen zusehends die Möglichkeit in Staaten wie China Menschenrechte einzufordern. Warum steht kein einziger von unseren Spitzenpolitikern auf und erklärt: a)Wir hoffen, dass in Lybien jetzt bald Ruhe einkehrt.
    b) Die Tötung von Gaddafi ist mit allen Mitteln zu untersuchen, die Mörder sind zu bestrafen, denn es ist und wird immer Unrecht sein, Lynchjustiz zu betreiben. Wo bleiben die moralischen Institutionen, wo sind sie geblieben? UNERTRÄGLICH!!!

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  5. Peter Plaumann

    Leider ist der Einleitungssatz des wichtigen Beitrags „Noch vor wenigen Jahren war die Tötung von Menschen in unserem Kulturkreis geächtet.“ ein Euphemismus. Ich erinnere mich an einige Namen

    Patrice Lumumba (1961), Ernesto „Che“ Guevara (1967), Salvador Allende (1973) [1], Victor Jara (1973), Oscar Romero (1980), Nicolae Ceausescu (1989) [2], …

    [1] War es wirklich Selbstmord? Der Putsch von Santiago war ein Werk der USA.
    [2] War das nur Volkszorn? Waren die USA beteiligt?

    Dazu kommen zahlreiche missglückte Attentate gegen Fidel Castro etc. Beteilligt waren an diesen Morden meist unbestritten die USA, und meist war die Bundesrepublik Deutschland Komplice.

  6. Thomas Gerlach

    OK: Völlig richtig, dass Diktatoren nach ihrem Sturz vor Gericht gestellt werden müssen. Richtig ist aber auch: In der Realität triumphiert oft einfach der Hass derjenigen, die den Diktator mehr oder weniger zufällig zu fassen bekommen. Insofern ist der Fall Gaddafi durchaus auch verwandt mit den Vorkommnissen in Somalia vor einem Jahrzehnt (Stichwort: „Black Hawk Down“). Dahinter großes Kalkül zu sehen, geht m. E. an den Tatsachen vorbei. Andererseits ist auch Gerichtsverfahren nicht gleich Gerichtsverfahren – ein Beispiel dafür ist aus meiner Sicht das „Urteil“ gegen Niculae Ceaucescu im Dezember 1989. Und noch ein letzter Gedanke: Der tote Diktator ist das eine Thema, aber die Bilder und deren Bewertung sind das andere wichtige.

  7. mara-g@gmx.net

    Man könnte die Überschrift dieses Beitrags ändern in „… die Tötungspraxis des Westens“, von Kultur kann in diesem Zusammenhang doch kaum gesprochen werden.

  8. Anonymous

    Gaddafi hätte vor Gericht müssen, allein schon damit er seine ehemals verbündeten entlarven kann, aber die haben natürlich dafür gesorgt, das er nicht mehr dazu kommt, damit sie für ihre taten nicht büßen müssen. Der mensch ist ein egoistisches wesen, er versucht für sich das beste raus zuholen. die Rebellen behandelten Gaddafi in der art und weise wie sie ihm es vorwerfen getan zu haben, damit sind sie kein bisschen besser als er. sie haben nun die gleiche schuld wie er auf ihren schultern, und haben eigentlich genau das gleiche Schicksal verdient, wenn man ihrem beispiel der Vergeltung folgt. Das hätte unzählige morde zur folge, bis die Menschheit ausgerottet wäre. Man kann nicht Freiheit und die Achtung der Menschenrechte fordern, wenn man sie selbst nicht einhält!

  9. Egal was er getan hat, man hätte ihn nicht lynchen dürfen. Jeder Mensch sollte das Recht haben, sich vor Gericht verantworten zu dürfen. Wer genau Infos über seine Todesumstände haben möchte, kann hier viel darüber lesen :
    http://e-newschannel.de/2011/10/1546-kommentar-zum-libyen-konflikt-wo-sind-unsere-grenzen/

  10. Elvis

    Der Umgang mit diesen Despoten wie Saddam Hussein, Osama bin Laden oder Muamar al Gaddafi wundert mich schon:
    Erst schlachten sie jahrelang ihr eigenes Volk, zumindest ihre Gegner dort, ab, stacheln Unschuldige auf, sich in ihrem Namen als Selbstmordattentäter am Terrorismus zu beteiligen und machen Propaganda mit wirren Aussagen per drohenden Videobotschaften in alle Welt. Wenn dann das Volk sich gegen sie auflehnt und sie durchschaut oder der Angegriffene sich verteidigt, schicken sie wieder unschuldige Gefolgsleute in den sinnlosen heiligen Krieg und verstecken sie selbst in irgendwelchen Kellern, Erdlöchern, Häusern oder Abwasserschächten. Und wenn sie dann aufgespürt und getötet werden, meldet sich sofort Amnesty International zu Wort und spricht als erstes von der Verletzung der Menschenwürde und des Rechtsstaats.
    Das Urteil über diese Despoten haben sie doch mit ihrem eigenen Verhalten selbst schon vorher über sich gesprochen. Wieso hat so jemand Menschenwürde und Rechtsstaatlichkeit verdient? Kann man nicht die Angehörigen der Opfer verstehen, wenn sie diese Leute so schnell wie möglich loswerden wollen? Wer hat denn seinem Volk eine Einstellung von Lynchjustiz vorgelebt? Muss man sich dann wundern, wenn sich die Opfer nicht das gleiche Recht rausnehmen, weil sie es nicht anders kennen?
    Ich habe kein Mitleid mit Gaddafi und finde auch nicht, dass wir aus unserem warmen Hinterzimmern weit weg dieses Landes etwas fordern dürfen. Diese Despoten haben selbst zu verantworten, wie ihre letzten Stunden verlaufen sind, es geschah ihnen nur das, was sie selbst vorgelebt haben.

    • finde auch nicht, dass wir aus unserem warmen Hinterzimmern weit weg dieses Landes etwas fordern dürfen…

      Warum schwingen wir uns dann auf bestimmen zu wollen, wie die Menschen in diesen Ländern zu leben haben? Warum überlassen wir den Menschen in diesen Ländern die Entscheidung darüber nicht selbst? Was haben die westlichen Armeen dabei zu suchen und da zu tun?

      Was Du ansonsten beschreibst, ist genau das Bild, das uns in unseren Medien von denen gezeichnet wird, die einen Krieg begründen müssen.

      Ist es die Wahrheit?

      Bereits ein Herman Göring, Hitlers Reichsfeldmarschall sagte während des Nürnberger Tribunals nach dem 2. Weltkrieg – und genau so ist in Vorbereitung aller Kriegen voher und nachher auf unserer Erde gehandelt worden und wir Menschen haben uns immer und immer wieder für blöd verkaufen lassen:

      „Normalerweise wollen die einfachen Menschen keinen Krieg, aber schließlich sind es die Führer eines Landes, von denen die Politik bestimmt wird und es ist immer eine einfache Sache, die Menschen mitzuziehen, ob es ein demokratisches, faschistisches, ein Parlament oder eine kommunistische Diktatur ist. Stimme oder nicht Stimme, die Menschen können immer dazu gebracht werden, dem Gebot ihrer Führer zu folgen. Es ist einfach. Alles, was Sie tun müssen, ist ihnen [den Menschen] zu erzählen, dass sie angegriffen sind und die Pazifisten müssen wegen ihres fehlenden Patriotismus und damit dass sie das Land in Gefahr bringen denunziert werden. Das wirkt genauso in jedem Land.“

      https://picasaweb.google.com/lh/photo/glo2qeBqhW_80K7EAeKqYw?feat=directlink

      Üble Horrorgeschichten über angebliche Terrorregime, denen wir – die edlen westlichen Demokratien – den Frieden und die Freiheit bringen müssen gehört ebenso zu dieser die Kriege ermöglichenden Propaganda.

      Im Moment läuft diese Propagandamaschinerie mit schlimmsten Greuelgeschichten wie wir sie schon aus dem Irak, Afghanistan und Libyen kennen gegen Syrien und Iran.

      Wann werden wir endlich wach und hören auf, uns vor den Kriegskarren spannen zu lassen?

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  12. Gleichklang.de

    Die Misshandlung und Exekution von Muammar Gaddafi (wie im übrigen auch seines Sohnes Mutassim) ist kein Sieg von Freiheit und Demokratie, sondern eine bitte Niederlage. Dies stellt der Artikel sehr gut und wahrhaft heraus. Einen Artikel und Linksammlung, auch zum Misshandlungsvideo und mit den Fotos deslebens festgenommenen und danach erschossenen Mutassim, haben wir hier eingestellt. Man mag kritisieren, dass solche Fotos und Video gezeigt werden. http://gleichklangpolitik.wordpress.com/2011/10/20/tod-von-moammar-gadhafi-dienen-die-misshandlung-und-exektution-eines-wehrlosen-unseren-westlichen-werten/ In Wirklichkeit sind aber die Untaten, die zu ihrer Entstehung führen, kritikwürdig, nciht ihre Präsentation. Denn Nicht-Präsentation dient den Tätern, heißt Verdeckung und fördert die Wiederholung.

  13. Hallo Herr Jung,

    hier´n auch über´n tagespublizistischen Tellerrand hinausgehender Hinweis:

    Was die derzeitige US-Politführung unterm US-Präsidenten Obama plante, NATO-organisierte und nun zuletzt im „Fall“ des libyschen Präsidenten G. exekutierten ließ ist das, was Daniel Goldhagen 2009 ideologisch einforderte in seinem Buch „Worse than war. Genocide, eliminationism, and the ongoing assault on humanity“ (Public Affairs 2009; dt. “Schlimmer als Krieg. Wie Völkermord entsteht und wie er zu verhindern ist“, Siedler 2009). Goldhagen meinte: „Mörder dürfen ermordet werden“ (Der Spiegel, 41/2009: 134-140). Das war und ist das autojustizielles ´Recht des Stärkeren´ und begründet diesen zuletzt gegen G. in Libyen praktizierten (vermutlich nächst in Syrien und übernächst im Iran auszuführenden) *staatsterroristischen Völkerstrafrechtsnihilismus* der Weltführungsmacht in deren herrschaftlichen Interessen als imperialer Staat und Weltmachtblock.

    Achja: die (auch diesen Gesichtspunkt ausdrückende) öffentliche US- und NATO-Kritik hab´ ich Anfang Juni 2011 mitunterzeichnet

    http://www.duckhome.de/tb/archives/9238-FRIEDEN-FUER-LIBYEN!-SOLIDARITAET-MIT-DEM-LIBYSCHEN-VOLK!.html [und] http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=16615

    Richard Albrecht/221011
    http://wissenschaftsakademie.net

  14. Gaddafi hatte den Israelis zu Beginn des „Arabischen Frühlings“ eine „Erhebung der arabischen Massen“ an den Hals gewünscht.

    Nun ist er stattdessen selbst daran verreckt.

    • Ovid99

      Lieber Aaron Sperber: Was dahinter steckt, ist wohl nicht schwer zu verstehen. (Den Gaddafi-Spruch meine ich) Und Schadenfreude war noch nie eine gute Grundlage für Diskussionen.

    • Diesen Spruch hast du bereits mehrere Male losgelassen. Er ist wird dadurch nicht besser, aber Du zeigst Deine menschenverachtende Gesinnung überall.

      Irgendwo hast Du als Antwort ein Zitat Mahatma Gandhis bekommen, das ich hier gerne wiederhole:

      „Auge um Auge führt nur dazu, dass die Welt erblindet.“

  15. Ovid99

    Sehr geehrte Frau Calderin: Das Zitat ist genial, Danke!

  16. Es ist der reinste Sozial-Atavismus, den man sich nur vorstellen kann. Es ist widerlich, wie diese Bilder medial ausgeschlachtet werden, aber eine Überraschung ist es nicht. Viel schrecklicher ist es, wie sich die Rebellen, denen praktisch jeder die Daumen gedrückt hat, urplötzlich in Barbaren verwandeln. Diese Behandlung von Gaddafis Leichnam ist vielleicht das Furchtbarste, was ich in all diesen Monaten des Kriegs gesehen habe/sehen musste. Diese Triumphgesten über dem toten Körper und die Reaktionen, die sie eben NICHT bei uns hervorrufen, sagen einiges über unsere Welt aus.

    Würdelose Zeiten: Der Mythos von der Würde des Menschen zerschellt an Gaddafis Leichnam.

    • Ich denke, die Rebellen waren nie anders. Sie zeigten hier nur der Welt, was sie tagein, tagaus seit der „Rebellion gegen Gaddaffi“ jeden Tag in Libyen mit den Bürgern des Landes gemacht haben. Da diese Barbarei durch die NATO unterstützt wurde, habe ich den ganz starken Verdacht, dass sie auch von der NATO installiert wurde!

      Der Krieg in Libyen war von Anfang an ein brutaler Eroberungskrieg!

      Hier einige Links, die das Verbrechen dokumentieren bzw. begründen:

  17. @ Herr Jung
    & wen´s interessieren mag
    (To Whom It May Concern)

    Am 221011 18:13 h einpostete ich hier zwei scheinbare Nebenaspekte. Jetzt gibt’s eine öffentliche Erklärung „Zum Lynchmord an Ghaddafi“, genauer: Die Stellungnahme des Bundesausschusses Friedensratschlag vom Montag [241011] zum »gewaltsamen Ende der Ära Ghaddafi in Libyen« [wobei erst am Schluß des Textes klar wird, daß es sich um keine schlichte „Tötung“, sondern um Mord handelt/e]:

    „Der Bundesausschuß Friedensratschlag klagt die NATO an wegen Führung eines Angriffskrieges gegen Libyen. Von Anfang an haben Frankreich, Großbritannien und die USA nicht den »Schutz der Bevölkerung«, sondern den Sturz des libyschen Regimes zum Ziel gehabt. Dies wird durch drei Umstände belegt:

    1. Frankreichs Präsident Sarkozy gab bereits am 9.März im französischen Fernsehen als Ziel den Sturz Ghaddafis vor. Die diesem Ansinnen zugrunde liegenden Behauptungen, Ghaddafis Luftwaffe würde friedliche Demonstranten bombardieren, konnten bisher ebensowenig bestätigt werden wie Meldungen über angebliche andere Greueltaten Ghaddafis im Februar/März. (…) Fakt ist hingegen: Erst nach Eintritt der NATO zur Unterstützung der libyschen Rebellen eskalierte das Kampfgeschehen zu einem regelrechten Bürgerkrieg. Bei NATO-Eintritt in den Krieg wurden 1000 Getötete geschätzt, danach ist die Zahl auf [mehr als] 50000 Kriegstote angewachsen. Die Zerstörung der Städte ist außerdem immens. (…)

    2. Die UN-Resolution 1973 vom 17.März 2011 forderte neben einer »Flugverbotszone« und dem »Schutz der Zivilbevölkerung« auch einen Waffenstillstand. Eine Ermächtigung zum »Regime Change« oder zur Tötung Ghaddafis enthielt sie nicht. Vielfältige Angebote zum Waffenstillstand, für Verhandlungen und Vermittlungen wurden von den Rebellen und der NATO entweder ignoriert oder abgewiesen. (…)

    3. Der Bombenangriff von NATO-Kampfflugzeugen auf den Fahrzeugkonvoi des flüchtenden Ghaddafi am Stadtrand von Sirte nahm dessen Tod bewußt in Kauf. Aber auch diese Tötungsabsicht entbehrt nicht einer gewissen Logik, entledigt man sich dadurch doch eines Zeugen früherer Kumpaneien. (…) Daher die absichtsvolle Tötung, vulgo: Ermordung Ghaddafis. Die NATO betätigt sich als Ermittler, Richter und Henker in einem. (…)“ (junge Welt [Berlin] 251011: 8)

    Richard Albrecht/241011
    http://wissenschaftsakademie.net

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