Studie: Acht Millionen Geringverdiener in Deutschland

14.3.2012 – Das Institut für Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen untersucht regelmäßig den Niedriglohnsektor in Deutschland. Der aktuelle Forschungsbericht belegt, dass die Zahl der  Beschäftigten, die zu Niedriglöhnen arbeiten, zwischen 1995 und 2010 um mehr als 2,3 Millionen gestiegen ist.

Im eklatanten Gegensatz hierzu steht die Entwicklung der Gehälter der deutschen DAX-Vorstandsvorsitzenden. Diese sind alleine zwischen 2010 und 2011 um 14 Prozent gestiegen und betragen im Durchschnitt 5,5 Millionen Euro pro Jahr.

Niedriglohnbeschäftigung 2010

Die Studie des Instituts für Arbeit und Qualifikation kommt zu dem Schluss, dass im Jahr 2010 insgesamt 23,1 Prozent der Beschäftigten für einen Niedriglohn von weniger als 9,15 Euro brutto pro Stunde gearbeitet haben. Dies entspricht knapp acht Millionen Menschen in Deutschland. Im Durchschnitt lagen ihre Einkünfte in den alten Bundesländern bei 6,68 Euro pro Stunde und in den neuen Bundesländern bei 6,52 Euro pro Stunde.

Knapp die Hälfte der zu Niedriglöhnen Beschäftigten, ist dabei in Vollzeit tätig. Fast 800.000 Vollzeit-Beschäftigte erhalten einen monatlichen Brutto-Lohn von weniger als 1.000 Euro. Mehr als vier Millionen Beschäftigte erhalten für ihre Arbeit weniger als 7,00 Euro brutto pro Stunde. 1,4 Millionen verdienen weniger als 5,00 Euro pro Stunde.

Zwischen 1995 und 2010 ist die Zahl der Beschäftigten mit Niedriglohn um mehr als 2,3 Millionen gestiegen. Den stärksten Anstieg verzeichnen hierbei die alten Bundesländer. In Westdeutschland ist die Quote der Geringverdiener in den letzten 15 Jahren um 68 Prozent gestiegen. In Ostdeutschland erhöhte sich ihr Anteil im gleichen Zeitraum um drei Prozent.

Die Autoren der Studie, Dr. Claudia Weinkopf und Thorsten Kalina, kommen zu dem Schluss, dass die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns dringend erforderlich ist, um Niedrigstlöhne wirksam zu unterbinden. Bereits von einem Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro würde jeder fünfte Beschäftigte profitieren.

Die Studie kann hier heruntergeladen werden.

Gehälter der Dax-Vorstände

Ganz anders stellt sich die Entwicklung der Gehälter der Vorstände von DAX-Unternehmen dar. Eine aktuelle Untersuchung der Beratungsfirma Towers Watson hat ermittelt, dass die Einkünfte der Top-Manager alleine zwischen 2010 und 2011, also im Hauptkrisenjahr, um durchschnittlich 14 Prozent gestiegen sind.

Im Durchschnitt verdienten Vorstandsvorsitzende von DAX-Konzernen im vergangenen Jahr 5,5 Millionen Euro im Jahr. Die höchsten Einkünfte bezog dabei der VW-Chef Martin Winterkorn, dessen Bezüge, einschließlich Altersvorsorge, in 2011 bei insgesamt rund 17,5 Millionen Euro lagen. Dies entspricht übrigens den jährlichen Gesamteinkünften von mehr als 1.250 Beschäftigten im westdeutschen Niedriglohnsektor.

Hier geht es zu dem entsprechenden Beitrag.

Da ich finde, dass beide Erhebungen für sich sprechen, lasse ich das an dieser Stelle einfach mal unkommentiert so stehen und freue mich stattdessen auf Eure Kommentare.

 

73 Kommentare

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73 Antworten zu “Studie: Acht Millionen Geringverdiener in Deutschland

  1. Reblogged this on menschbleiben und kommentierte:
    stimme flurdab zu: „…Wenn man Naomi Klein’s Schocktherapie folgt sind zwischen 25- 65 % der Bevölkerung für den Neolib- Kapitalismus überflüssig. Wenn wir diesen Zustände nicht länger ertragen wollen, müssen wir uns unsere Demokratie wieder zurück holen. Dann müssen wir uns auch von der Vorstellung verabschieden jemanden mit unserer Interessenvertretung zu beauftragen. Dann kann und darf es keine “Berufspolitiker” mehr geben, die Parteien und ihre Vertreter müssen juristisch überprüft und gegebenen Falls verurteilt werden. Wir erleben Feudalismus, und die Politiker gerieren sich zum neuen Adel.“

  2. Eine FDJ Sekretärin ist Kanzler ein Pfaffe wird Präsident- beide aus dem Osten Deutschlands- Ich natürlich auch

  3. J. S.

    Die Bundesregierung hat doch mal auf eine Anfrage geantwortet, dass Menschen, die ihr Leben lange niemals mehr als 10 Euro die Stunde verdient haben, in Altersarmut gelangen.
    Im Umkehrschluss heißt das doch, dass ein Mindestlohn von 10 Euro die Stunde Altersarmut verhindert.

  4. Dass „Die da oben“ nicht merken, dass sie mit dieser Niedrig-Lohn-Politik den Ast abschneiden, auf dem unsere sich angeblich im Aufschwung befindliche Wirtschaft sitzt? Denn je mehr das Lohnniveau sinkt, umso mehr doch auch die Kaufkraft, die Umsätze, das sogenannte Inlandsbruttosozialprodukt. Wie dumm muss man eigentlich sein, um das nicht zu begreifen, bzw. wie überaus kurzsichtig und arrogant, um das nicht begreifen zu können/zu wollen?

  5. jakebaby

    Auch da ist, nicht nur, aber vor allem Deutschland, einem von so vielen und seit Langem bekannten Missstaenden Amerikas, knapp auf den Versen.

    About 97.3 million Americans fall into a low-income category, commonly defined as those earning between 100 and 199 percent of the poverty level, based on a new supplemental measure by the Census Bureau that is designed to provide a fuller picture of poverty. Together with the 49.1 million who fall below the poverty line and are counted as poor, they number 146.4 million, or 48 percent of the U.S. population. That’s up by 4 million from 2009, the earliest numbers for the newly developed poverty measure.
    http://finance.yahoo.com/news/census-shows-1-2-people-103940568.html

    Knapp 100 Millonen Amerikaner finden sich im NiedrigLohn-Bereich, … weitere 50 Millionen unter der Armutsgrenze …. Super Plan!!
    Da krebst Deutschland %ual noch ein wenig hinterher, … aber im westlichen Vergleich ist Deutschland, zum angesprochenen Punkt, noch Widerlicher.
    Ueber 3 Viertel (22) aller Eu-Laender als auch Amerika, sind auf einem ‚festgelegten Mindestlohn/aehnliches ….

    Auf diverse EU-Beschwerden, ueber die a’sozialen Verhaeltnisse und den diesbezueglich provozierten Wettbewerbsvorteil, zeigt Deutschland wiederholt empoert und trotzig den Stinkefinger. „Es ist Deutschland Hier“

    Und nicht nur zu diesem Thema!!!

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  7. Mich würde interessieren, wie viel einem nach Abzug von Steuern am Ende bleibt, wenn man eine 40 Stundenwoche an der Grenze zum Niedriglohn, also knapp 9,50 Euro, zugrunde legt. Brutto käme man dann ja auf ca. 1500,- Euro. Kann mir das jemand sagen? Danke.

  8. flurdab

    Hallo an Alle,
    ich erwarte „Ideen“, Vorschläge.
    Wie können wir zusammen gegen diesen „Mainstream- Wahnsinn“ vorgehen?
    Wir sollten aufhören zu warten.
    Niemand wir kommen wenn wir nicht los gehen!

    Gruß flurdab

  9. Weber Johann

    Was soll das Gejammere!
    Bei der Bundestagswahl 2009 war der Mindestlohn ein Hauptthema. 33,5% wählten die CDU/CSU und 15% die FDP. Diese Parteien sind gegen einen Mindestlohn. Sie erreichten die Mehrheit und somit stimmten die Bürger gegen einen Mindestlohn. Welche Lösungen haben denn die Parteien CDu/CSU/FDP um die Niedriglohnmisere abzustellen? Ich habe von diesen Parteien noch keine vernommen.

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  11. Marie

    Das Erstaunliche ist ja, dass es eine breite Mehrheit bei den Bürgern für einen gesetzlichen Mindestlohn gibt und dass die Mehrheit der Bevölkerung irgendwie erkannt hat, dass es in Deutschland (und nicht nur da) nicht gerecht zugeht. Dass die Mehrheit der Wähler trotzdem für CDU, CSU, FDP, SPD und wie sie alle heißen stimmt, kann m.E. nur an der von Medien, Politik und Interessenvertretern von Kapital und Industrie betriebenen Massenverdummung in Talkshows, den meisten Printmedien usw. liegen. Und was da an Geschütz gegen die Partei die Linke, die einzige Partei, der ich eine echtes Interesse an Gerechtigkeit abnehme, abgefeuert wird, das wäre m.E. mit dem gegen die „Netzgemeinde“ und bestimmte Publizisten erhobenen und in diesem Falle unzutreffenden Vorwurfs des „Schweinejournalismus“ sehr gut beschrieben.

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  14. Mich würde ja mal interessieren, warum grade € 9,15 als Niedriglohn-Grenze definiert wurde. Einzige mir denkbare Erklärung: Hundertausende von Rettungsassistenten (€ 11,19), Krankenschwestern (~ € 11,40) und vielen andere Berufsgruppen auf ähnlichem Niveau fallen dann schon mal raus aus der Statistik. Aber wie man mit netto ca. € 1.200,- eine Familie ernähren soll, Kinder großziehen und ihnen mehr als stumpfsinniges Fernsehen bieten soll, das muss mir erst jemand erklären!

  15. "Toni"W.Bergmann

    Ich habe die vergangenen 4 Jahre in einem Sicherheitsunternehmen gearbeitet. Fast 3 Jahre lang bekam ich einen Stundenlohn von 4,44 €.
    Im 4. Jahr dann 6,53€ die Stunde. Je nach Anzahl geleisteter Stunden bekam ich zwischen 650,- bis 850,-€ Netto. Davon mußte ich im Schnitt allein 100,- bis 120,- € für Sprit ausgeben, da mein Arbeitgeber keine Kilometerpauschale zahlte. Nach Abzug aller Fixkosten blieben mir im Monat
    zur persönlichen Verfügung ca. 100,- €. Ich mußte also zusätzliche Leistungen beantragen. Diese beliefen sich je nach Lohnhöhe zwischen 100,- bis 200,- €. Somit konnte ich maximal über 300,- € für den persönlichen Bedarf verfügen. Jeder Cent über die vom Amt bewilligte Summe hätte mich im Monat um etlíche € ärmer gemacht.Die Damen und Herren gewählten Abgeordneten könne Tausende im Monat hinzuverdienen
    und es passiert nichts. Sie nennen sich, oftmals in Interviews gehört, Berufspolitiker und sind doch in der Regel nichts anderes als, durch die Reihen ihrer jeweiligen Partei, hochgediente Dummschwätzer.
    Wenn diese dann mit Zahlen der Arbeitsagenturen um sich werfen dann bekommt man immer wieder zu hören das diese sogenannten Billiglöhner
    ja kaum über abgeschlossene Berufsausbildungen verfügen geschweige
    denn über eine entsprechende Schulausbildung. Nun in dem Unternehmen in dem ich die letzeten Jahre tätig war verfügten bis zum Zeitpunkt meiner
    Entlassung ca. 20% über ein Hochschuldiplom bzw.Fachschulabschluss, 70% über einen Realschulabschluss und ca.80% über eine abgeschlossene Berufsausbildung. Zu meiner Entlassung kam es übrigens als ich ankündigte einen Betriebsrat, entsprechend demokratisch legitimiert durch das Betriebsratgesetz und dem Wunsch vieler meiner Kollegen, zu gründen.
    Ich für meinen Teil habe nun zum wiederholtem Male zuspüren bekommen das Recht und Gesetz Dinge sind die in diesem Deutschland immer weniger zu einander passen.Für die da „Oben“ sind das Worthülsen und
    wir da „Unten“ werden damit Sanktioniert und gedemütigt (Harz 4 u.a.)

  16. Umdenker

    Ich stimme der Kritik, jedoch nicht dem Lösungsansatz zu. Es würde nämlich herzlich wenig bringen einen Mindestlohn von sagen wir 12 Euro einzuführen, wenn nicht gleichzeitig andere Rädchen mitbewegt werden. Der Grossteil der Unternehmen und ihre Manager, Aktionäre, Investoren, etc… würden ja deshalb nicht auf ihre Rendite, Gewinne, Dividende, usw. verzichten wollen und würden somit sehr wahrscheinlich zum grossen Teil alle Ihre Produkte/Dienstleistungen verteuern, was ziemlich schnell dazu führen würde, dass die Kaufkraft pro Euro schwächer wird und somit bringt eine absolut grössere Geldmenge, also mehr Gehalt nicht viel, da die erhöhten Lohnkosten als höhere Preise wieder beim Endverbraucher ankommen -> Nullsummenspiel.

    Um das bei den „Oberen“ zu kompensieren, müssten diese ja im Endeffekt dann auch absolut wieder mehr Geld benötigen um die gleiche Kaufkraft zu haben, also verdient der VW Chef dann halt 22 Mille anstatt 17, obwohl die Kaufkraft die gleiche bleibt, da ja alles wegen dem Mindestlohn teurer wird, aber nur darum gehts ihm ja. Ihm ist wurscht ob seine Villa zwei anstatt einer Mille kostet, solange der das Doppelte verdient.

    Wir bräuchten auch Lohnobergrenzen (alles weitere MUSS investiert oder als Lohnerhöhungen für alle genutzt werden), Lohnkopplungen (z.B. Chef immer nur max. 3x soviel wie normaler Arbeiter OHNE Ausnahmen wie Boni, Aktien, usw.). Wir müssten somit erzwingen, dass oben weniger ankommt, eine Verteilung nach unten und die erreicht man NUR mit Mindestlöhnen nicht.

    Was positiv wäre, dass dadurch Jobs wegfallen würden, die jetzt schon nicht im eigentliche Sinne notwendig sind, sondern nur da sind, weil man eben so billige Arbeitskräfte hat. Würde wiederrum dazu führen, dass wahrscheinlich noch mehr arbeitslos werden, denn der Produktivitätszuwachs der letzten 20 Jahre ist viel in Vermögen bei den Oberen 10-20% gelandet, anstatt zu einer 30h Woche für gleichen Lohn oder 2x Arbeiter zu 20h bei nur minimal weniger Lohn zu führen, was eigentlich hätte passieren müssen. Man hält sich sozusagen durch den Niedriglohnsektor immer mehr „Billigsklaven“, anstatt den Produktivitätszuwachs der Allgemeinheit zugute zu kommen lassen und lässt wieder eher 45-50h für gleichen Lohn (sagen wir Kaufkraft) arbeiten, was wir vor 10-15 Jahren eigentlich schon teils mit 35h hatten.

    Damit möchte ich sagen, wenn man einfach nur den Mindestlohn als absolute Geldmenge erhöht, aber alle andere Faktoren so belässt, dann wird Kaufkraft technisch auch jemand mit 30 Euro/h im Niedriglohnbereich sein, weil der Manager/Unternehmer/AG halt prozentuell weiterhin seine Kaufkraft halten oder gar erhöhen möchte und somit halt auch das Dreifache an Geld brauchen wird und dies unter gegeben Umständen auch durchsetzen wird und dann drehen wir uns im Kreis.

    Dann könnte man sagen „na und, dann kann ich mir dafür aber mehr aus dem Nicht-Euro Raum leisten“, aber das würde auch nicht funktionieren, denn die anderen Länder sind ja nicht blind und würde die Geldmenge in Deutschland durch höhere Löhne bei allen steigen, würde der Euro im Vergleich zu anderen Währungen abgewertet. Da hängen einfach sehr viele Aspekte miteinander zusammen und ich habe da auch nur rudimentäre Kenntnisse.

  17. Marie

    @ Herr Bergmann,
    Recht und Gesetz sind in meinen Augen das Papier nicht wert, auf dem sie stehen und es sind auch nicht nur Worthülsen, mit denen die oben die unten demütigen und Ihnen die Lebensgrundlage entziehen. Das ist gewollt, das ist nicht unabsichtlich. Mit einem Heer billiger Arbeitssklaven werden die Interessen des Kapitals nach immer mehr „Rendite“ erfüllt, deren Raffgier keine Grenzen kennt und die Interessen des Normalbürgers werden schon lange nicht mehr vertreten. Und wenn ich das Wort „demokratisch“ höre, im Zusammenhang mit dem, was in diesem Land Praxis ist, krieg ich die Krise. Das sind nicht „nur“ Dummschwätzer, die wissen sehr genau, was sie tun und schwätzen. Dieses System, die Armutslöhne und die Demütigung billiger Arbeitssklaven ist die Voraussetzung für den grenzenlosen Reichtum einiger Weniger und von den Interessenvertretern des Kapitals (genannt Politiker) genau so beabsichtigt. Und Sie tönen auf allen Kanälen und in sämtlichen Talkshows der Republik, die Lobbyisten und „Wissenschaftler“ und Industrievertreter und die willfährigen Politiker, um dem gemeinen Bürger Sand in die Augen zu streuen, gegen andere Bevölkerungsgruppen (in der Regel die noch Schwächeren) aufzuhetzen und das Lied von der Alternativlosigkeit und den immer noch angeblich zu hohen Löhnen in Deutschland zu singen. Und wenn ich höre, wie Sie Beifall klatschen, viele Bürger, wie sie sich aufhetzen lassen gegen die Abgehängten, dann wird mir übel. Es ist zum Verzweifeln.

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