Auswandern nach Hartz-IV: Ursula von der Leyen als Kärrnerin

21.04.2011 – Das Bildungspaket von Ursula von der Leyen droht am mangelnden Interesse der „Betroffenen“ zu scheitern. Am runden Tisch wurde daher heute in Berlin über geeignete Maßnahmen gesprochen, mit denen sich die Teilnahmequote erhöhen lässt. Die Ergebnisse der Beratungen sind von einer Nachbesserung allerdings weit entfernt.

Auf der Internetseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales konnte man heute folgendes Zitat der Ministerin nachlesen: „Das Bildungspaket zu den Kindern zu bringen, ist die erwartete Kärrnerarbeit. Das ist mühevoll und dauert, aber Schweiß und Geduld werden sich am Ende auszahlen.“

Van Gogh - Karren mit rotbraunem OchsenKärrner ist hier übrigens die altertümliche Bezeichnung für jemanden, der einen Karren zieht und nicht mit einem deutschen Talk-Master zu verwechseln, der die Medienfreiheit schon mal am Hindukusch verteidigt hat. Oder um Schiller zu zitieren: „Wenn die Könige bauen, haben die Kärrner zu tun.“ Wer in diesem sprachlichen Bild der König, der Kärrner und der Karren ist, bleibt vorerst offen.

Die Ergebnisse der schweißtreibende Meisterleistung der ministeriell geführten Gesprächsrunde lassen sich am Besten so zusammenfassen: „FFF“.

Ein F steht für das Formular, eines für die Fristverlängerung und eines für die neue Fördervereinbarung.

Ein „A“ für eine Änderung des Bildungspakets, ein „E“ für das Eingeständnis des Realitätsverlusts oder ein „Ü“ für die Überheblichkeit einer Ministerin aus gutem Hause sucht man auf dem Ergebnisprotokoll vergebens.

Schauen wir uns also die konkreten Ergebnisse der Reihe nach an:

Von der Leyen 2010Am Formular kann es nach der Auffassung von der Leyens schon einmal nicht liegen. Denn, so die Ministerin gegenüber N-TV:  „Die Familien, die in Hartz IV leben, die sind ja geübt darin, Anträge zu stellen„. Wer bisher davon ausgegangen war, dass wir alle in Deutschland leben, der muss sich hier eines Besseren belehren lassen. Etwas mehr als 7,5 Millionen Mitbürger leben in Wirklichkeit nämlich in „Hartz-IV“ und nicht in der BRD.

Im Übrigen weiß Ursula von der Leyen: „Der Antrag ist ganz einfach, das ist ein Einseiter, da muss man nur einige wenige Dinge ankreuzen – zum Beispiel das warme Mittagessen oder das Thema Lernförderung„. Das macht Hoffnung, den zu einem Kreuzchen dürfte es auch bei den bildungsfernen Schichten gerade eben noch reichen.

Nächster Punkt: Fristverlängerung. Da sich bislang weniger als 10 Prozent der Zielgruppe für das Bildungspaket erwärmen konnte, wurde die Antragsfrist kurzerhand von Ende April auf Ende Juni diesen Jahres verlängert. Das ändert zwar nichts am geringen Zuspruch zum Paket, verschiebt den Zeitpunkt, zu dem sein Scheitern offenbar wird, allerdings um zwei volle Monate.

Vermutlich geht Frau von der Leyen aber auch davon aus, dass der Hartzer im Allgemeinen eher langsam und behäbig ist und somit ein wenig mehr Zeit benötigt, um sein Glück angesichts ihrer warm schenkenden Hand zu begreifen.

Bleibt noch das letzte „F“, die Fördervereinbarung und damit die eigentliche Innovation der ganzen Debatte. Die Fördervereinbarung trifft all jene Eltern, die sich bis zum Ende der Frist noch nicht zur Wahrnehmung des Bildungspakets haben duchringen können.

Diese werden nämlich anlässlich ihres nächsten Besuchs beim Job-Center vom Sachbearbeiter ganz offen auf ihre Verweigerung angesprochen und sollen dabei unter anderem darlegen, warum sie das Angebot bislang noch nicht wahrgenommen haben. Ein Schelm, wer jetzt denkt, dass die Verweigerung der Antwort unter Umständen sanktioniert werden könnte.

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