Das Imperium schlägt zurück: Anstieg linksmotivierter Straftaten

6.2.2012 – Viele Zeitungen titeln heute mit Aufmachern wie „Zahl linker Gewalttaten deutlich gestiegen“ oder „Linke Gewalttaten: Zahl offenbar sprunghaft gestiegen“. Die Blätter berufen sich dabei auf einen Bericht der „Bild-Zeitung“, die angibt, exklusiv über Zahlen aus dem Bundesinnenministerium zu verfügen.

Die Zahlen im Einzelnen

Die „Bild-Zeitung“ berichtet heute über Zahlen zu politisch motivierten Straf- und Gewalttaten des Jahres 2011 aus dem Innenministerium, die ihr exklusiv vorliegen würden. Demnach sei die Zahl linksmotivierter Gewalttaten von 916 Fällen im Jahr 2010 auf 1.160 Fälle im Jahr 2011 angestiegen. Auch in Bezug auf linksmotivierte Straftaten wird ein Anstieg von 4,928 Fällen im Jahr 2010 auf 5.839 Fälle im Jahr 2011 ausgewiesen.

Im Gegensatz dazu hätte sich die Zahl rechtsmotivierter Gewalttaten leicht rückläufig, von 597 Fällen im Jahr 2010 auf 579 Fälle im Jahr 2011, entwickelt. Hinsichtlich rechtsmotivierter Straftaten sei dagegen ebenfalls ein Anstieg festzustellen. Hier werden für 2010 insgesamt 12.262 Fälle und für 2011 12.381 Fälle ausgewiesen.

Eines vorab: Straftaten und erst recht Gewalttaten sind, gleichgültig wodurch sie motiviert sind, nicht akzeptabel. Darüber muss man nicht sprechen und exakt hierfür haben wir Strafverfolgungsbehörden, Gesetze und Gerichte. In Bezug auf die Zählweise der polizeilichen Statistiker haben uns die aktuellen Erfahrungen mit der rechten Szene jedoch eines gelehrt:

Bevor eine Straftat in Deutschland als rechtsmotiviert eingestuft wird, dies gilt sogar für Tötungsdelikte, muss der Täter während der Tat schon „Sieg Heil“ gerufen oder ein Bekennerschreiben und Nazi-Insignien hinterlassen haben. Um dagegen eine Straf- oder Gewalttat als linksmotiviert einzustufen, reicht es den Behörden meist aus, dass es sich um eine Tat handelt, die man mit der linken Szene assoziiert.

So wird das Anzünden von Fahrzeugen, unabhängig vom tatsächlichen Tatmotiv, gerne als linksmotivierte Straftat gewertet, während die eingeschlagene Scheibe eines Büros der Linkspartei, Angriffe auf Menschen mit ausländischen Wurzeln, auf Homosexuelle oder auf Linke in der Regel nicht automatisch dem rechten Spektrum zugeordnet werden.

Hinzu kommt, dass sich ein Großteil der erfassten Straf- und Gewalttaten mit linker Motivation im direkten Zusammenhang mit dem Widerstand gegen Nazi-Aufmärsche und rechtsextreme Demonstrationen ereignet. Wenngleich auch in diesem Fall die Anwendung von Gewalt sicher das falsche Mittel ist, so muss man entsprechende Delikte doch anders bewerten, als wenn eine rechte Kameradschaft zur systematischen Gewalt gegen politische Gegner, Einwanderer oder Homosexuelle aufruft.

In diesem Zusammenhang muss man einmal mehr darauf verweisen, dass die Bundesregierung bis heute angibt, dass sich zwischen 1990 und 2010 in Deutschland insgesamt 47 Mordanschläge und Tötungsdelikte mit rechtem Hintergrund ereignet hätten. Eine gemeinsame Recherche von „ZEIT“ und „Tagesspiegel“ nennt stattdessen bereits 137 Fälle, ohne hierbei die zehn Morde der Zwickauer Terrorzelle zu berücksichtigen.

Ein interessanter Zeitpunkt

Es ist interessant, dass die veröffentlichten Zahlen ausgerechnet zu einem Zeitpunkt an die Öffentlichkeit dringen, zu dem Bundesregierung, Innenministerium, Verfassungsschutz und Polizei dem Vorwurf ausgesetzt sind, die Bekämpfung von rechter Kriminalität deutlich weniger ernst zu nehmen als die Verfolgung linksmotivierter Straftaten.

Die Tatsache, dass ausgerechnet die „Bild-Zeitung“ exklusive Zahlen aus dem Bundesinnenministerium erhalten hat, verleiht der Veröffentlichung zusätzlich einen eigenartigen Beigeschmack. Die ausführliche Version der Polizeiliche Kriminalstatistik in Buchform erscheint erst in der zweiten Jahreshälfte des jeweiligen Folgejahres. Selbst einen entsprechenden Kurzbericht, mit Auszügen aus den Ergebnissen, legte das BKA in den Jahren 2010 und 2011 erst im Frühsommer der Folgejahre vor. Wenn jetzt Zahlen, die einen bedrohlichen Anstieg der linken Kriminalität belegen sollen, bereits Anfang Februar lanciert werden, dann muss man von einer politischen Motivation ausgehen.

Befremdlich wirkt in diesem Zusammenhang die Art und Weise, wie verschiedene Zeitungen die genannten Zahlen aufbereiten. Exemplarisch sei hier auf die heutige Berichterstattung der Rheinischen Post verwiesen:

Screenshot Rheinische Post Online, 6. Februar 2012

Unter der Rubrik „Mehr zum Thema“ wird hier neben den Zahlen über linksmotivierte Straftaten das Feature „Das Wichtigste aus dem Programm der Linken“ und ein Bild von Oskar Lafontaine eingeblendet. Neben den Zahlen über rechtsmotivierte Straftaten findet sich das Feature „Neonazi-Terror: Die Chronologie der Morde“.

Hier muss man sich ernsthaft fragen, welche Assoziationen der verantwortliche Redakteur der Rheinischen Post bei den Lesern erzeugen will. Selbst wenn sich die Hardliner innerhalb von CDU und CSU in den letzten Wochen für eine Ausdehnung der Beobachtung linker Abgeordneter durch den Inlandsgeheimdienst eingesetzt und dabei selbst ein Parteiverbot gegen DIE LINKE gefordert haben:

Die Linkspartei lehnt Gewalt als politisches Mittel konsequent ab. Sie beteiligt sich weder an Straftaten noch ruft sie zu solchen auf oder solidarisiert sich mit Tätern. Unter der Überschrift „linke Gewalttaten“ einen Zusammenhang mit der Linkspartei herzustellen, entspricht eher einem propagandistischen Ansatz als einer neutralen und seriösen Berichterstattung.

35 Kommentare

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35 Antworten zu “Das Imperium schlägt zurück: Anstieg linksmotivierter Straftaten

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  2. Das mit dem Link auf die Linken ist bei RP sogar „zufällig“ so eingefädelt, dass in der Kurzfassung (u.a. zu sehen, wenn man auf Panorama klickt), nur etwas kurz über die „deutlich erhöhte“ linke Gewalt zu lesen ist und dann eben das Foto von Oskar zu sehen ist. An Stelle der Linkspartei / Lafontaine würde ich Strafanzeige erstatten.

    Dabei sind doch in diesem Jahr kaum Wahlen (zwei mal Landtag), was wird es dann erst 2013 für ein Propagandagewitter geben?

    • K.S.

      Gute Idee. würde ich ihm dem Oskar, auch raten Ich denke er kennt und hat Anwälte, die ihn da beraten werden.

      • Keine gute Idee, denn dann wird der Fokus erst recht auf diese unsinnige perspektive geworfen. Die Energie, hier was zu tun, ist an anderer Stelle sinnvoller eingesetzt. An der Geschichte kann so schpn genügend gerührt werden.
        Dieses Politiktheater, bei der die eine Ideologieseite auf die andere einschlägt, geht mir mittlerweile reichlich auf die Nerven. Sie sollen diese Energien besser zum gemeinsamen Ringen für das Wohl des Volkes nutzen.
        Warum sprechen wir nicht mehr darüber, wie dieses Politikssystem so ausgestaltet werden kann, dass nicht fortwährend der Eid durch unsere Minister gebrochen wird? Die Gründerväter des Grundgesetzes hatte extra den legalen Weg für eine eigene Verfassung vorgesehen. Besser wir nutzen diesen? http://faszinationmensch.wordpress.com/2012/02/09/warum-machen-wir-uns-nicht-auf-den-weg-zu-einer-eigenen-verfassung/

  3. Der Zeitpunkt der Veröffentlichungen verrät die Absicht – die seit einiger Zeit laufende Hetze gegen links braucht Futter. Die Zahlen selber halte ich füpr irrelevant; man wird sie sorgfältig gesiebt habern, auf daß man das gewünschte Ergebnis erhäält. Andere Zahlen würde ich für wichtiger halten: In wievielen Fällen von rechter Gewalt geht man gegen die Täter vor? Was man gegen „links“ so treibt, steht ja täglich in den Schlagzeilen – ein geradezu auffälliger Anfall von Fleiß.

  4. Deutschland 2012:Propaganda gegen alles was irgendwie mit links assoziert wird, Vertuschung von staatlicher Unterstützung des Rechtsterrorismus der NSU. Irgendwie kommt mir das bekannt vor.

  5. piet

    Muß man auf so einen Schmarrn noch reagieren ? Und wenn, dann bitte in Form einer gepfefferten Satire.Übrigens braucht ein aufgeklärter Mensch nicht viel tun um in die Gewalttäterdatei „links“ Einlass zu finden. Personalienüberprüfung bei der Gegendemo (oder was man sich sonst noch so einbildet in diesem Land machen zu dürfen) reicht vollkommen aus. In Deutschland gibt es keine emanzipierten Polizeiorgane, auf ihrer Polizeibüttelschule haben sie spätestens ihr Rüstzeug erhalten. Z.b.http://www.tribuene-verlag.de/TRI_Maegerle.pdf
    Die RP hatte übrigens schon zwei weitere Artikel in den letzten Wochen die sich breit mit islamistischen Terror und Linksextremismus beschäftigten. Einer der treibenden Köpfe ist Gregor Maynz, der auch nicht zurückschreckt faustdicke Lügen zu verbreiten. Hier vor Ort heißt die Zeitung daher auch sinnreicher Rheinische Pest, oder kurz die Pest ! 🙂

    • Klar muss man >> „auf so einen Schmarrn“ << reagieren (Stéphane Hessel – Empört Euch!) und zwar heftig.

      Die Bildzeitung ist ja seit ihrer Ersterscheinung als unser Nationaler Brandstifter bekannt. Unsere werte Bundeskanzlerin Frau Merkel ist ja heute in Frankreich um "Le Président" Sarkozy beim Wahlkampf gegen die Linken in Frankreich zu helfen.

      Es kann ja nicht überraschen, dass zeitgleich eine Kampagne in Deutschland los getreten wird. Anders kann man das nicht nennen, wenn die Rheinische Post aus der Bildzeitung zitiert, besser gesagt nachplappert und in der Aufmachung suggeriert die linke Gewalt hätte etwas mit dem Parteiprogramm der Linken zu tun.

      Man muss sich sch schon fragen in wie weit der Journalismus in Deutschland schon verkommen ist, wenn Gewalt, in linke Gewalt und bessere nicht so gravierende rechte Gewalt auseinander dividiert wird.

      Danke für diesen Artikel, der hat mich jetzt so richtig auf die Palme gebracht.

      Der Rheinischen Post empfehle ich, sich für diese Frechheit zu entschuldigen, wenn sie noch einen funken Anstand besitzt. Die Rheinische Post scheint mir auch kein geeignetes Geschäftsmodell zu sein – eine Zeitung die in Lizenz der Bildzeitung schreibt – ich denke die können Ihren Laden bedenkenlos schließen.

  6. Ich finde es an dieser Stelle äusserst informativ, dass die Rheinische Post sich mit ihrer Berichterstattung auf den Informationsgehalt eines fremden Zeitungsartikels beruft.

    Nun warte ich gespannt auf den Tag, an dem auch die ZDF-Nachrichten-Sprecher, und natürlich -Sprecherinnen, uns aus der Bildzeitung vorlesen werden, damit wir im Bilde sind.

    Sowas nenne ich gekonnten Journalismus.

    • JoDö

      tun sie doch schon alle. Bild ist mittlerweile das meistzitierte Medium, weit vor den ganzen „seriösen“ wie Spiegel, Süddeutsche und wie sie noch alle heißen mögen.

  7. K.S.

    Na, ja, das wird so weitergehen, es gehört zum „Spiel“, den Gegner möglichst ins schlechteste Licht zu stellen. Und die Hetze gegen Linke, gegen Sozialisten, gegen Kommunisten hat in D Tradition, womit ich nichts relativieren will – aber ich will mir meine Nerven darüber nicht kaputt machen lassen.
    Dieser nächste Schritt wurde schon deutlich, als das Parteiverbot-Gerede und die Gleichstellung zur NPD begann.

    Hier werden Schwerpunkte mit Absicht verschoben und verdreht, damit am Ende ein brave rechte und böse linke Beschreibung entstehen kann.

    Der Bundesregierung kann es recht sein. Sie legt sowieso keinen Wert auf Wahrhaftigkeit sondern um das Gewinnen der Bundestagswahl, wobei für Merkel schon immer Wahlkampf war und ist. So tritt sie auf, so griffig gibt sie ihre Parolen und Statements heraus. Sie ist extrem gefährlich, mit einer großen Presse im Rücken kann sie punkten, ohne sich in Diskussion einzumischen und die „Hände schmutzig zu machen“.

  8. Baader Meinhoff fehlen ,um diesen widerlichen Schreiberlinge der Bild,und unseren Politikern, den Nazifreunden ,ordentlich in den fetten Arsch zu treten!

    • fischi

      Da siehst Du was total falsch.
      Das waren genauso Mörder wie die Rechten.
      Was die gemacht haben hat der ganzen linken Bewegung auf Dauer geschadet.
      Jedesmal wenn der Staat wieder auf dem rechten Auge blind seien will beruft er sich einfach auf die schlimmen Verbrechen von Baader Meinhoff.

  9. bkausde

    natürlich ist die linke eine gefahr! übt sie doch mit als einzigste kritik an der kapitalisierung des menschlichen lebens. wir erleben grade mit welcher härte biografien zerstört und schicksale in vielen ländern europa geschaffen werden.

    mein gewissen kann mit einer überwachung und verteufelung der linken sehr gut leben. man pachtet die wahrheit zwar nicht für sich aber man kann für sich sagen „ich agiere philanthropisch“.

  10. Katja

    Selbstverständlich hat die Linkspartei nichts mit dem schwarzen Block bei Demonstrationen zu tun, nichts mit dem Berliner Verrückten, der glaubte, mit dem Anzünden von Autos sein Image aufbessern zu können, und selbstverständlich schlägt sie auch keine Fenster von NPD/CDU/FDP/SPD/Grüne-Parteibüros ein. Ja, sie hat sogar eine so ungeheure Angst davor, in den Ruch von Gewalt zu kommen, dass sie in ihrem Parteiprogramm gleich auf eine Revolution verzichten und lieber den Kapitalismus „überwinden“ will. Wie, das sagt sie zwar nicht, aber man kann sicher sein, dass bei einer eventuellen Linkspartei-Revolution hundertprozentig kein Blut fließen wird und die Deutschen sich höchstens mittels geordneter Volksbefragung eine andere Regierung wählen werden, selbstverständlich eine Linkspartei-Regierung. Und das geht dann auch so weit, dass sie Initiativen von linken Gruppen nicht unterstützt, aus weiser Vorsicht, es könnte mit ihnen zu Gewalttätigkeiten kommen, und seien es auch nur verbale. Mit der Linkspartei wird ein ganz übles Spiel gespielt. Der Verfassungsschutz braucht eine Begründung dafür, dass Linke-Bundestagsabgeordnete von ihm ausspioniert werden. Und da passt es gut, wenn es sogenannte linke Gewalt-Straftaten gibt, und sei es auch nur an den Haaren herbeigezogene. Na selbstverständlich hat der VS eine lange Tradition in der Verfolgung der Linken, angefangen vom KPD-Verbot (gab es 1956 eigentlich schon V-Männer?) über die Berufsverbote bis hin zum Gewaltvorwurf gegen alles Linke – es wird nichts ausgelassen, was Linke diskreditiert. Das Elend
    der Medien, die propandistisch genau dies unterstützen, ihr Verblödungspotential ist so ungeheuer, dass man sich jeden Euro für sie einfach sparen sollte. Es gibt nun wahrlich genügend andere, wahrhaftige Informationsquellen, und das nicht nur im Netz. Im übrigen habe ich den Eindruck, dass gerade mit den angeblich gestiegenen linken Gewaltzahlen eine massive Wahlkampfpropaganda gerade gegen die Linkspartei anläuft. Die reaktionären Parteien im Bundestag haben ein enormes Interesse an einer schwachen oder möglichst gar keiner Linken, und alles, was dem dient, wird aktiviert. Das scheint mir der hauptsächliche Hintergrund der Bild-Kampagne zu sein.

  11. selcarim

    Wie manipuliert man die öffentliche Meinung, wenn einem die Fokussierung auf mörderische Rechtsextreme nicht gefällt, vielleicht weil „man“ selbst viele politische Positionen dieser „Nationalisten“ teilt und das allmählich auffällt?

    Man lenkt ab, indem man relativiert („die Anderen sind genauso gewalttätig oder sogar noch mehr“), man behauptet rechtsextreme und „linksextreme“ Gewalttäter seien „gleich schlimm“ etc.

    Das machen Neo-Nazis seit längerem mit Erfolg vor und das übernehmen notorisch rechtslastige Medien (wie die „RP“) nur allzu gern, um der politischen Rechten zu zuarbeiten .

    Und bevor dann jeweils die Statistiken aufgedröselt wurden und belegt werden konnte, dass sog. „linksextreme“ Straftaten weitgehend gegen Sachen gerichtet sind, vielfach „nur“ zivilen Ungehorsam beinhalten, während rechtsextreme Straftaten sich überwiegend gegen Personen (ca. 149 Tote durch rechtsextreme Gewalt seit 1990 lt. div. Quellen) richten, hat sich die Manipulation der öffentlichen Meinung bereits in den Hirnen festgesetzt.

    Neo-Nazis nennen dann auch erfolgreich ihre Gegner von der Antifa „linke oder rot lackierte Faschisten“, womit sie zusätzlich den Begriff „Faschisten“ in ihrem Sinne umzudeuten versuchen.

    Wenn man sich auf etwas verlassen kann, dann ist es leider das kurze Gedächtnis und die Manipulierbarkeit der Mehrheitsgesellschaft. In Deutschland sind die Tageszeitungen (inzwischen) überwiegend konzerngebunden, wirtschaftsnah und politisch rechts, dadurch funktioniert dieses Kartell der Verblöder reibungslos. Nachdem linksliberale Blätter, wie die „Frankfurter Rundschau“ erfolgreich neoliberal umgedreht und – wie im Falle der FR – dem Neven DuMont-Kraken einverleibt wurden (Neven DuMont = Kölner Stadt-Anzeiger, Mitteldeutsche Zeitung, Tagesspiegel Berlin, Kölnische Rundschau. Express, Frankfurter Rundschau) sind Blätter, wie „Neues Deutschland“ oder die genossenschaftlich organisierte „taz“ auf weitgehend verlorenem Posten, da deren niedrige Auflagen bei weitem nicht so viele „Multiplikatoren“ erreichen, wie die der „gleichgeschalteten Rechtspresse“.

    Berücksichtigt man allerdings, dass Printmedien und hier besonders die Tageszeitungen permanent an Auflage und Bedeutung verlieren, dann könnten kritische Politik-Blogs, wie dieses hervorragende von Jacob Jung, immer mehr zu den wichtigen Gegenpolen werden.

    Dass ich leider (aus Lebenserfahrung) nicht mehr besonders optimistisch bin, was die Macht von Fakten und Argumenten kontra manipulierte Meldungen und Statistiken, im Kampf um die öffentliche Meinung (in Deutschland) betrifft, gefällt mir selbst gar nicht. Trotzdem rate ich dazu auch weiterhin Manipulation Manipulation zu nennen und alle rechtlichen Möglichkeiten zu nutzen, um Gegendarstellungen, Unterlassungsklagen usw. (letztere unbedingt mit Hilfe spezialisierter Anwälte) durchzusetzen.

    „Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft hat bereits verloren“ (Rosa Luxemburg / Bertolt Brecht)

  12. Vielan Dank für die schnelle Reaktion mit diesem Artikel!
    Ich habe diese sogenannten Statistiken heute auch in mehreren Medien gesehen und kann diesbezüglich nur einen Klassiker zitieren: Man merkt die Absicht und wird verstimmt …

  13. Was das „kurze Gedächtnis“ betrifft: Ich habe in den letzten Tagen mit zunehmenden Aha-Erlebnissen die satirische Zeitschrift „Simplicissimus“ (Jahrgänge 1929 bis Januar 1933) gelesen – und empfehle diese Lektüre dringendst allen:

    http://www.simplicissimus.info/

    Es ist frappierend und erschreckend, wie sehr sich die Ereignisse (Staat, Medien, Gesellschaft, Skandale, Politik) von heute und damals ähneln.

    http://narrenschiffsbruecke.blogspot.com/2012/02/traum-einer-werdenden-mutter.html

    Exemplarisch für viele Texte, Zeichnungen und Themen sei hier dieses Gedicht von Karl Kinndt alias Reinhard Koester zitiert, das in einer der letzten noch kritischen Ausgaben der Zeitschrift vor der endgültigen Gleichschaltung durch die Nazis 1933 erschienen ist:

    Nie wieder Krieg

    Der gute Völkerbund streicht seine Segel,
    Verwirrung herrscht im hohen Genfer Haus.
    Auf jeden Fall gilt nun als neue Regel:
    wer dennoch Kriege führt, tritt vorher aus!

    Man dachte anfangs von dem Institute,
    es hätte endgültig den Krieg besiegt –
    Und alle wären unter einem Hute,
    auch der, wo nicht, hätt‘ eins darauf gekriegt –

    Doch wo ein Krieg ist, gibt’s auch Lieferungen
    von Munition und Werken der Chemie!
    Zu lieblich tönt das Liedchen: „Seid umschlungen,
    Millionen!“ jeder Rüstungsindustrie.

    Ein Krieg ist nicht moralisch. Doch im tiefern
    Sinn wirkt er wirtschaftlich sehr produktiv –
    Wir würden gerne auch nach Japan liefern,
    trotz Friedenssehnsucht -: Ja, die Welt ist tief …

    Lässt auch der liebe Gott die Erde beben,
    weil ihm dies ew’ge Morden nicht mehr passt -:
    die Liebe kann den Markt nicht neu beleben,
    Geschäft ist nur, wo sich die Menschheit hasst …

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  15. Marvin

    Für „Bürgerliche“ wie die „Rheinische Post“, ist kein Mittel zu schäbig um gegen „Linke“ Stimmung zu machen (u.a. obiger Screenshot). Oder die hirnlosen Attacken (Verbot der Linkspartei) eines Dobrindts (CSU). Da sollten die Heinis vom Verfassungsschutz mal hinsehen.
    Demokratie schafft sich ab mithilfe von Verdummung, in den USA funktioniert das Bestens – da wählen die Bürger ihre Ausbeuter aus Nationalstolz.

  16. Warum beklagt man sich an dieser Stelle über eine Schieflage der veröffentlichten Meinung? Gibt es nicht an allen Stellen unseres Landes eine Zusammenarbeit, den Schulterschluß, gegen vermeintliche oder tatsächlich Rechte? Sind es 100, 200, 300 Millionen Euro, die bereits an linke Organisationen zur Bekämpfung einer rechten Gefahr flossen? Dauerhaft hat man die Förderung von weiteren 24 Millionen Euro jährlich plus nochmals 2 Millionen drauf seit der Zwickauer Verbrecherbande im Haushaltplan eingerichtet. Rechte dürfen sich nicht mehr versammeln, haben in den Kirchen Betverbot, Berufsverbot und Boykottierungsaufrufe kommen hinzu usw und usf. Die Gazetten berichten doch täglich, alle ohne Ausnahme, von der kurz bevorstehenden Machtübernahme durch Rechte. Die SED Nachfolger stellen dafür in Hunderten von Gemeinden und Kreisen, Bügermeister und Landräte. Bekennende Ex-Stasi sind an Landesregierungen beteiligt. Also belügt hier in diesem Blog nicht euer Klientel. Linke werden mit Samthandschuhen angefasst, sowohl von der Politik, erst recht von den Medien. Wer die Wirklichkeit bewußt verdreht, ist eben nicht anderes als die die er kritisiert.

    • K.S.

      Tja, „da staunt der Fachmann und der Laie wundert sich“, was ich da so lese ist höchst interessant, aber es fehlen die Beweise für alles was da steht, sogar was unter rechts in diesem Fall zu verstehen ist und auch das Bet-und Berufsverbot, Boykottaufrufe etc.
      Noch interessanter der Hinweis auf die SED-Nachfolger, die natürlich immer erwähnt werden, warum nur ? Ach so, damit alle wissen, wo die her kommen. Natürlich sind in der CDU 27 ehemalige SED Leute, geläutert und rein und bei der Linken 11 geläutert und rein.
      Die BRD als Rechtsnachfolger der NS-Diktatur, geläutert und rein. Alles ohne Verdrehung – es muss nur in den richtigen Kontext gestellt werden.

      Der schönste Satz ist der letzte: „Wer die Wirklichkeit bewusst verdreht, ist eben nicht anders als die – die er kritisiert hat“.

      Wirklichkeit, das wissen Sie, hängt immer vom Standort ab, sie gibt es so vielfältig wie Fingerabdrücke. Wahrheit hängt auch vom Standort ab, also wird es immer Verdrehungen geben und wo es Verdrehungen gibt, gibt es Verdrängungen und dann folgen die Projektionen. Das ist der Punkt.

      Ansonsten sollten Sie doch, wenn Sie ironisch schreiben, diese auch kennzeichnen.

      • 10 Minuspunkte, darüber beklagen wir uns hier nicht. Wir sind ja auch mehr als zufällig auf diesen Beitrag gestoßen. Links ist immer gut, rechts ist teuflisch. Die Kategorie richtig oder falsch gilt bei verblendeten Ideologen nie und nimmer oder doch?

      • Übrigens so dämlich sind Linken nun auch wieder nicht, daß sie die von uns hier genannten Fakten als falsch betrachten. Sie tun nur so als wären diese Fakten falsch, um z.B noch mehr Geld vom Steuerzahler rausleiern zu können. Wir haben nichts behauptet, das sind allles nachweisbare Fakten.

  17. K.S.

    Es scheint, als wäre nichts so alt, wie der Artikel und die Kommentare von gestern.
    Trotzdem habe ich mir noch weitere Gedanken über dieses Thema gemacht.
    Mir fällt auf, dass dieses Vorgehen – das Verschieben von Schwerpunkten – weg von der Ursache hin zur Wirkung/Symptomen, die dann im Außen gesehen werden, eine rhetorisch – politische Strategie ist.
    Das war so mit der Kritik an den sog. Islamkritikern, das ist so
    beim verschieben von linker und rechter Gewalt,
    das ist so beim Erfinden neuer Krankheiten, wo Symptome zur Krankheit erklärt werden,
    das ist so wie beim Umgang mit GR und dem gefährlichen Säbelrasslen gegen den Iran.

    Aber nur Menschen mit gleichem oder ähnlichem Charakter können sich auf eine derartig verlogen,verdrehte Sprache einlassen.
    In der Naziliteratur kann man sie studieren und jetzt fallen mir immer öfter Parallelen dazu auf.

    Wo und wie erlernt „man“ aber so eine Sprache? In der Schule nicht – im Elternaus. Insofern lohnt es sich auch einmal in die Kinderzimmer dieser Sprachverdreher schauen.

  18. J. S.

    Ich glaube keiner Statistik mehr, die von einer deutschen Stellen kommt. Warum? Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Arbeitslosenzahlen geschönt werden. Viele Arbeitslose kommen in dieser offiziellen Statistik gar nicht mehr vor. Und dann gibt es jedes Mal Jubelmeldungen, dass doch die Arbeitslosenzahl so niedrig wie schon lange nicht mehr ist. Da vergleicht man dann die jetzige Statistik mit der von vor 20 Jahren und vergisst dabei, dass damals noch viele Arbeitslose mitgezählt wurden, die jetzt aus dem Raster fallen.
    Genau so sehe ich die Statistik zu Gewaltdelikten wie über jedes andere Verbrechen. Da wird rumgefummelt, geschönt und so lange rumgedoktert, bis die Statistik passt.
    Wie hier auch geschrieben. Da werden also Straftaten einfach dem linken Spektrum zugeordnet ohne dies genau zu prüfen. Und so läuft das überall ab.
    Es gibt da noch zahlreiche weitere Beispiele.

    • raudiker

      Das bei den Arbeitslosenstatistiken geschönt wird, ist ein offenes Gehemnis, aber man sollte hier auch bedenken, dass in anderen Länderen genauso oder noch mehr Manipuliert wird. Laut Medienberichten wird in anderen Industrienationen weit schlimmer geschönt. Wenn man nun einen Vergleich zu den anderen Nationen ziehen will, kann man ja gar nicht mehr die rellen Zahlen heranziehen. Wie steht man den da, wenn Frankreich seien Zahlen aufpoliert und real 6 Millionen (Zahlen sind frei erfunden) Arbeitslose hat und Deutschland real 5 Millionen, wenn dann die Franzosen 2 Millionen aus der Statistik fallen lässt, dann ist ein Vergleich natürlich müsig.

  19. Wenn die BILD der böse Bote ist, steckt natürlich eine Verschwörung dahinter.
    Warum hier so eine Aufgeregtheit deshalb herrscht, ist mir ein Rätsel.

    http://www.pharus-forum.de/t324f3-Linke-Aggressivitaet-steigt-3.html#msg36686

  20. raudiker

    Was viel schwerer wiegt, ist doch, dass die RP die Zahlen in der Überschrift und dem Teaser als faktische Tatsache darstellt, wobei nicht einmal sicher ist, ob die Zahlen überhaupt stimmen. Bisher ist das alles hörensagen und das kann nicht als ernsthafte Quelle betrachtet werden. Es ist eine Frechheit die Leser darüber in Unwissenheit zu lassen.

  21. Dass mit den Zahlen ist immer so eine Sache. Wenn da von linken Gewalttaten berichtet wird, sollte man sich darüber im klaren sein, dass das meistens Gewalt gegenüber Polizisten ist im Rahmen von Demos (oft genug gegen rechts) sind. Gewalttaten von Rechts wiederum richten sich überwiegend gegen deren Feindbilder wie Ausländer, Schwule, Punks etc.
    Wenn andererseits von rechten Straftaten im fünfstelligen Bereich geredet wird, sind das hauptsächlich (ich nenns jetzt einfach mal geringfügig, obwohl das natürlich auch scheisse ist) Hakenkreuzschmierereien und sowas. Also eher Peanuts.
    Was wichtig ist, finde ich, sind die Gewalttaten gegen Menschen (und natürlich im Kontext). Diese Zahlen sollten ausschlaggebend sein, bei der Beurteilung von links und rechts.

  22. Peter Petereit

    Vermutlich ist es schon eine linksextremistische Strafttat, die Artikel dieses Blogs zu lesen und positiv zu kommentieren. Wäre ich „Verfassungsangreifer“, pardon, „-schützer“, dann könnte ich aus diesem Zusammenhang heraus noch ganz andere „Statistiken“ in die Welt setzen, denn auch Mehrfachkommentare würde ich als Einzeldelikte zählen…

  23. Pingback: Jacobs Woche (5.2. – 11.2.2012) | Jacob Jung Blog

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