Jacobs Woche (29.1. – 4.2.2012)

5.2.2012 – Eine ereignisreiche Woche für populistisch begabte Vertreter von CDU und CSU: Alexander Dobrindt fordert nicht nur die Überwachung aller linken Abgeordneten sondern setzt sich auch für ein Verbot der Linkspartei ein. Ansgar Heveling verkündigt das nahende Ende der digitalen Revolution und Erika Steinbach verrät auf Twitter, dass die NSDAP eine linke Partei war.  

Außerdem stellt der Internationale Gerichtshof Deutschland unter Staatsimmunität gegenüber Opfern des NS-Regimes und ihren Angehörigen und Angela Merkel eröffnet mit ihrem „Zukunftsdialog“ den Wahlkampf 2013.

Die Woche mit Jacob Jung.

Verbotsverfahren gegen DIE LINKE

Niemand schreit in Deutschland derzeit lauter, wenn es um Diffamierungen und Sanktionen gegen die Linkspartei geht, als der dreifache Schützenkönig, ZDF-Fernsehrats-Vertreter und CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt. Immer wieder bringt er sich mit vollmundigen Überwachungs- und Verbotsforderungen in die Schlagzeilen und lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass es ihm deutlich lieber wäre, das Land künftig ohne die linke Opposition mitzuregieren.

Betrachtet man die Äußerungen und Standpunkte führender CSU-Politiker der vergangenen Jahre, dann drängt sich förmlich die Frage auf, inwiefern sich die Christsozialen auf dem Boden des Grundgesetzes bewegen. Sollte man sich daher mit einem Verbotsverfahren gegen die CSU beschäftigen?

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Das Ende der digitalen Gesellschaft

In einem Gastkommentar für das Handelsblatt läutet der Bundestagsabgeordnete Ansgar Heveling (CDU) am vergangenen Montag das Ende des digitalen Zeitalters ein und ruft die bürgerliche Gesellschaft dazu auf, für die Einhaltung ihrer Werte im Internet zu kämpfen.

Heveling spricht in seinem Text von „digitalem Blut“, vom „Schlachtennebel“ von den „ruinenhaften Stümpfen unserer Gesellschaft“ und beruft sich auf die Ziele der Französischen Revolution. Was steckt, abgesehen von schlechtem Geschmack, Blut- und Boden-Romantik und einem absurden Geschichtsverständnis, wirklich hinter seinem Abgesang auf die digitale Gesellschaft?

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Die Nazis waren eine linke Partei

Seit gestern Abend sorgt ein Twitter-Statement der CDU-Bundestagsabgeordneten Erika Steinbach für Aufsehen. Die umstrittene Politikerin und Präsidentin des Bund der Vertriebenen teilte dort mit, dass die NSDAP eine linke Partei war.

Schon in der Vergangenheit war Steinbach häufiger aufgrund ihrer Äußerungen über eine angebliche polnische Mobilisierung im Jahr 1939 kritisiert worden. Seit sie vor zwei Monaten die sozialen Netze für sich entdeckte, hat sich die Frequenz ihrer Provokationen deutlich erhöht.

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Keine Entschädigung für Nazi-Opfer

Heute hat der Internationale Gerichtshof in Den Haag (IGH) das Urteil zu einer deutschen Klage aus dem Jahr 2008 gefällt. Gegenstand des Verfahrens war die Frage der Rechtsmäßigkeit italienischer Gerichtsurteile gegen deutsche NS-Verbrecher.

Das Gericht hat entschieden, dass Deutschland den Opfern von NS-Verbrechen keine individuellen Entschädigungen zahlen muss. Während Außenminister Guido Westerwelle heute mit Erleichterung auf das Urteil reagierte, sieht Amnesty International darin einen Rückschritt in Sachen Menschenrechtsschutz.

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Der „Zukunftsdialog“ der Bundesregierung

Vor drei Tagen hat die Bundesregierung mit dem „Zukunftsdialog“ eine neue Plattform im Internet eröffnet. Hier ruft Kanzlerin Angela Merkel die Bürger dazu auf, ihre Vorstellungen von Deutschland in fünf bis zehn Jahren einzubringen. Dazu gibt sie drei Fragestellungen vor, zu denen sich die Teilnehmer mit ihren eigenen Vorschlägen äußern sollen.

Handelt es sich bei dem „Zukunftsdialog“ tatsächlich um ein modernes Instrument der demokratischen Mitbestimmung oder will die Bundesregierung unzufriedenen Bürgern lediglich ein Ventil für Unmut und Empörung liefern und läutet gleichzeitig den Unions-Wahlkampf für 2013 ein?

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14 Kommentare

Eingeordnet unter Die Woche, Politik

14 Antworten zu “Jacobs Woche (29.1. – 4.2.2012)

  1. Pingback: Jacobs Woche (29.1. – 4.2.2012) | Die besten deutschen Blogs aller Zeiten

  2. Eine ereignisreiche Woche, sauber beobachtet und recherchiert und von Dir treffend publiziert…

    Respekt!

  3. Die CDU bestimmt den Diskurs mit Auswüchsen, die kaum jemand für möglich gehalten hatte. Ich bleibe dabei, hier wird von echten Themen abgelenkt: Verfassungsschutzskandal/NSU, Wulff’s „Kredit“, gescheiterter Afghanistankrieg…Danke Jacob, dranbleiben! Gibt’s noch was zur Münchener Sicherheitkonferenz ?

  4. Ergänzung zur Wochenübersicht:

    Mein Versuch die Berichterstattung über die Festnahme eines Mitarbeiters der AIDS-Hilfe Düsseldorf und des schwul-lesbischen Jugendzentrums PULS Düsseldorf zu bündeln:

    Wegen des dringenden Verdachts der Beihilfe zu sechs vollendeten Morden und einem versuchten Mord der rechtsterroristischen Vereinigung „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) wurde der 31-jährige Carsten S. festgenommen.

    Für diejenigen, die Carsten S. aus der ehrenamtlichen Arbeit kennen, stellen sich u.a. auch folgende Fragen:

    Wie glaubwürdig ist die Behauptung des Verdächtigen bereits im Jahre 2000 alle Verbindungen zur rechten Szene gekappt zu haben, wenn die Ermittlungsbehörden nun besonders auch die Jahre 2000 bis 2003 auf eine evtl. Unterstützung der rechten Terrorszene durch Carsten S. untersuchen?

    Wie sind die Beteuerungen des Verdächtigen zu werten, wenn er tatsächlich „(…) nicht irgendein kleines Licht der Thüringer Naziszene, sondern einer der führenden Aktivisten (war) …“? Lässt man so jemanden in der rechten Szene einfach gehen (aussteigen)? Quelle: ‘ruhrbarone’ 01.02.2012 http://bit.ly/xFlTyv

    War Carsten S. als Teilnehmer eines sog. „Aussteigerprogramms“ weiterhin in Pläne und Taten der sog. „NSU“ involviert (evtl. als Informant)?

    Wie glaubwürdig ist der öffentlich vorgeführte radikale Wandel vom „… führenden Aktivisten einer immer auch extrem schwulenfeindlichen rechtsextremen Gruppierung …“ („Schwule sind volkszersetzende Perverse“) hin zum offen schwul auftretenden Mitarbeiter gemeinnütziger Einrichtungen, die sich schwerpunktmäßig der Arbeit mit Schwulen und Lesben widmen?

    (AIDS-Hilfe Düsseldorf)
    Die AIDS-Hilfe Düsseldorf, die lt. einer Stellungnahme zwar von der rechten Vergangenheit ihres Mitarbeiters wusste, jedoch nicht von seiner „führenden Position“, zeigte sich völlig überrascht und schockiert:

    „Mitarbeiter der AIDS-Hilfe Düsseldorf e.V. verhaftet.- AIDS-Hilfe Düsseldorf e.V. gibt Stellungnahme ab“ http://bit.ly/wVB9VS

    (Queer.de)
    Ich verlinke nachstehend den (sehr ausführlichen) Artikel des Queer.de Journalisten Norbert Blech (der in Düsseldorf arbeitet) zum Thema „Zwickauer Zelle – Düsseldorf: Szenemitarbeiter wegen Terror-Verdachts festgenommen“ http://bit.ly/xZ27Az

    (Rheinische Post)
    einen Artikel der ‘Rheinischen Post’ Düsseldorf „Neonazi-Helfer arbeitete für Aids-Hilfe
    Carsten S. – ein „netter zuverlässiger Mitarbeiter“ http://bit.ly/wCbdXy

    (WDR)
    einen Bericht des ‘WDR’ „Mutmaßlicher NSU-Helfer aus Düsseldorf: Carsten S. bezeichnet sich als Aussteiger“ http://bit.ly/yF7igE

    (ruhrbarone)
    und einen, weiter oben bereits zitierten, Artikel der ‘ruhrbarone’, der den Hinweis auf die („einst“) „herausgehobene Position von Carsten S. innerhalb der rechten Szene“ enthält … „Update: Polizei nimmt NSU-Terrorhelfer fest!“ http://bit.ly/xFlTyv

  5. Da ich den Verdächtigen flüchtig aus meiner ehrenamtlichen Arbeit für die AIDS-Hilfe Düsseldorf kenne, bestätigt sich für mich wieder einmal, dass „man niemandem in den Kopf sehen kann“. Der Mann war völlig unauffällig; von seiner (abgeschlossenen?) braunen Vergangenheit wussten im Grunde nur die AH-Geschäftsleitung und Personalabeilung und die gingen von einer Läuterung aus …

    Was allerdings einige Medien berichteten, um „ihr altes Feindbild von den Schwulen“ zu bedienen, dass ließ mir die Galle hochkommen. http://bit.ly/yRVhTZ

    Meine Kommentare dazu finden sich u.a. hier:
    http://bit.ly/xThAjG
    http://bit.ly/AC2rSp

  6. Noch etwas Medienkritik:

    Auch dieser Kommentator bringt es, meiner Meinung nach, auf den Punkt:
    http://bit.ly/ypCDVK

  7. Ergänzung:

    „Welche Rolle spielt Carsten S.?
    Als Carsten S. 2003 nach Düsseldorf umzog, suchte er Hilfe für den Ausstieg aus der rechtsradikalen Szene. Als er bei der linken Antifa anklopfte, wurden die Mitglieder misstrauisch: Carsten S. gab nur Interna preis, die längst bekannt waren …“
    Quelle: WDR Mediathek http://bit.ly/zm2vPd

  8. Die Berichterstattung über die Festnahme des Verdächtigen Carsten S. und seine Tätigkeit für zwei gemeinnützige Einrichtungen in Düsseldorf haben in einigen Medien (z.B. Blöd-Zeitung und Berliner Kurier) sowohl Anstand, als auch Sachlichkeit vermissen lassen.

    Ich möchte betonen, dass sowohl die AIDS-Hilfe Düsseldorf und ihre div. hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen (von den Streetworkern über Psychologen bis zur Geschäftsleitung), als auch das fantastische schwul-lesbische Jugendzentrum PULS hervorragende und hochprofessionelle Arbeit leisten. Die AIDS-Hilfe Düsseldorf arbeitet erfolgreich u.a. in den Bereichen HIV-/AIDS-Prävention aufklärend und umfassend informierend, als auch in der (u.a. psychologischen) Betreuung von HIV-Positiven und AIDS-Kranken. Ohne den außergewöhnlich motivierten Einsatz von Sozialarbeitern, Sozialpädagogen, Psychologen u.v.a. wäre die Arbeit gar nicht möglich.

    Das aus der Vorläufer-Einrichtung „Kuckuckseier“ hervorgegangene schwul-lesbische Jugendzentrum PULS Düsseldorf ist Anlaufstelle und Betreuungseinrichtung für Jugendliche, die Unterstützung und Beratung u.a. bei ihrem Coming Out suchen. Hier treffen Jugendliche auf Gleichaltrige, die in derselben oder ähnlichen Situation, wie sie selbst sind.

    Dies wird vom Land NRW genauso anerkannt und gefördert, wie von der Stadt Düsseldorf. Sensationslüsterne Berichterstattungen, die beide Einrichtungen in die „Schmuddelecke“ zu stellen versuchen, belegen nur die Unwissenheit und Unseriosität der betreffenden Medien:

    Wer sich über die Arbeit beider Einrichtungen informieren möchte, findet nachstehend die entsprechenden Verlinkungen:

    AIDS-Hilfe Düsseldorf
    http://bit.ly/maEvC

    PULS Düsseldorf
    http://bit.ly/ycRzqr

  9. Weitere Berichterstattung über Carsten S. …

    „(…) So ergoss sich ein gewaltiger Mediensturm auch über die Szene. Der „Express“ sprach vom „Schwulen-Milieu“, in dem Carsten S. gearbeitet habe (nahm das Unwort allerdings nach Intervention eines schwulen Kollegen später wieder zurück). Die „Bild“ brachte ein Foto von Carsten S. im Fummel (von einem schwulen Magazin zur Verfügung gestellt), und stellte mit der Überschrift „mysteriöses Leben zwischen NPD und Schwulen-Szene“ die Szene als das andere Extrem dar (…)

    (…) Womit konkret vor allem das schwul-lesbische Jugendzentrum Puls ein Imageproblem hat, für das Carsten gearbeitet hat. Sensible Eltern könnten sich fragen, ob ihre Kinder dort gut aufgehoben sind – dabei leistet der zur Aids-Hilfe gehörende Verein hervorragende und seriöse Arbeit, gerade im Vergleich zu eher losen, über das Internet rekrutierenden Vereinen ohne festen Sitz und angemessene Begleitung (…)

    (…) Politisch immerhin stellten sich die Mitglieder aller Parteien auf Anfragen der „Rheinischen Post“ auf die Seite der Aids-Hilfe. Man habe vollstes Vertrauen in ihre zukünftige Arbeit und könne auch das ursprüngliche Vertrauen in den Mitarbeiter nachvollziehen (…)

    (…) Carsten war zuvor ein führender Kopf des „Thüringer Heimatschutzes“, im Vorsitz des NPD-Kreisverbands Jena und stellvertretender Landesvorsitzer der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“. Er soll nach dem Austieg noch vereinzelten Kontakt zu einigen ehemaligen Kameraden gehabt haben (…)

    (…) Das Puls hat weiterhin seine Türen zu den normalen Öffnungszeiten geöffnet. Über S. wurde schon in einer größeren Runde gesprochen, die Jugendlichen kritisierten insbesonders reißerische Medienberichte, auch das Bilder von ihnen im Zusammenhang mit der Berichterstattung genutzt wurden, wie zeitweise auch auf queer.de. Leiterin Jana Hansjürgen sagt am Telefon entspannt, sie stehe den Jugendlichen weiterhin für alle Fragen und Sorgen zur Verfügung (…)“

    Quelle: „Ermittlungen zum Terror-Trio – Wieviel wusste Carsten S.?“, ‘Queer.de 03.02.2012 http://bit.ly/wyYAvC

  10. Lieber Jacob,
    ich hoffe, Du findest es nicht unpassend, dass ich Deine Wochenübersicht um diese Berichte ergänzt habe.
    Beste Grüße
    selcarim

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