Angela Merkel: „Deutschland geht es so gut wie lange nicht“

22.07.2011 – Im Rahmen einer Bundespressekonferenz hat Angela Merkel heute in Berlin die Fragen der Medienvertreter beantwortet und damit die Tradition fortgesetzt, sich mit starken Statements in die Sommerpause zu verabschieden.

Gesprochen wurde über die gestern verabschiedeten Beschlüsse des Euro-Gipfels in Brüssel, über die deutsche Wirtschaftslage und über eine dritte Amtszeit der Kanzlerin ab 2013.

Dem EU-Gipfel bescheinigt Merkel ein „gutes und bedeutendes Ergebnis“ und Deutschland geht es nach Meinung der Kanzlern „so gut wie lange nicht“. Da ihr die „Arbeit Spaß macht“, steht einer dritten Amtsperiode ab 2013 nichts im Wege. Einmal abgesehen vom Votum der Wähler.

Deutschland geht es gut: Eine Frage der Perspektive

Merkel betont auf der Bundespressekonferenz: „Deutschland geht es so gut wie lange nicht.“ Aus der Perspektive der Kanzlerin mag das durchaus zutreffen. Deutschland hat die Folgen der Wirtschaftskrise überstanden, ohne dass die Verursacher zur Kasse gebeten wurden. Spekulanten, Investoren, Großunternehmen, Banken und Superreiche gehen stärker aus der Krise heraus als sie hineingegangen sind. Die Widererstarkung der deutschen Wirtschaft ist für einen Großteil der Bevölkerung jedoch nicht spürbar.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat in diesen Tagen eine Untersuchung vorgelegt, wonach die preisbereinigten Nettogehälter der drei untersten Einkommensstufen in Deutschland zwischen 2000 und 2010 um 16 bis 22 Prozent gesunken sind. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung spricht in diesem Zusammenhang von „Auswüchsen, die man beschäftigungspolitisch nicht rechtfertigen kann“.

Auch der im Juli erschiene Bericht der UN zur sozialen Lage in Deutschland zeichnet ein Bild, das stark von der positiven Darstellung der Kanzlerin abweicht. Hier zeigt man sich besorgt darüber, dass mittlerweile 13 Prozent der Deutschen unterhalb der Armutsgrenze leben, dass 1,3 Millionen Menschen auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, obwohl sie einer Arbeit nachgehen und dass in Deutschland 2,5 Millionen Kinder in Armut leben.

Angela Merkel, die sich gerne als „Kanzlerin aller Deutschen“ geriert, ignoriert mit ihrer positiven Deutschland-Bilanz die belastenden Lebensumstände vieler Menschen im Land und verspottet die Vielen, die angesichts ihrer Politik durch das immer gröber werdenden soziale Netz fallen und denen es alles andere als gut geht.

Eine alternativlose Kandidatin: Merkels dritte Amtszeit

Zur Frage einer dritten Amtszeit findet Angela Merkel auf der Bundespressekonferenz deutliche Worte: „Wie Sie sehen, macht mir meine Arbeit Spaß. Und es ist nicht abzusehen, dass sich das kurzfristig ändert.“ Was genau ihr am Regieren so viel Freude bereitet, darüber äußert sich die Kanzlerin vor den Medienvertretern allerdings nicht.

Ihre Bereitschaft zur Kandidatur für die Kanzlerschaft in der nächsten Legislaturperiode kommt alles andere als überraschend. Wer sonst sollte die CDU in den kommenden Wahlkampf führen?

Angela Merkel hat sich durch ihre personelle Verdrängungsstrategie längst alternativlos gemacht. Jeden potenziellen Gegenkandidaten hat sie während der vergangenen Jahre entweder aus der Partei getrieben oder in einem Amt fixiert, dass eine Gegenkandidatur ausschließt.

Scheitern können die ambitionierten Pläne von Angela Merkel allerdings an der wachsenden Skepsis der deutschen Wähler. Der ARD-Deutschlandtrend vom heutigen Tag zeigt, dass aktuell nur 28 Prozent der Bevölkerung überhaupt davon ausgehen, dass der Kanzler ab 2013 von der Union gestellt wird. 36 Prozent gehen von einer SPD-Kanzlerschaft aus, 7 Prozent setzen auf die Grünen und 28 Prozent sind entweder der Auffassung, man könne das heute noch nicht einschätzen oder geben gar keine Antwort.

Insgesamt hat das Renommee der Union und ihrer Vorsitzenden deutlich unter dem überraschenden Atom-Kurswechsel, der Euro-Politik, der Bereitschaft zu Waffengeschäften mit totalitären Staaten, dem Rettungsschirm für den schwächelnden Koalitionspartner FDP und der Ignoranz gegenüber drängenden sozialen Problemen in Deutschland gelitten. Die Zustimmungswerte zur Politik der Kanzlern befinden sich auf dem tiefsten Stand seit fünf Jahren. Angela Merkel wird sich sehr anstrengen müssen, um ihr beschädigtes Image bis 2013 wieder aufzuwerten. Ob Ihr die Arbeit angesichts dieser Aufgabe bis dahin noch Spaß machen wird, muss bezweifelt werden.

13 Kommentare

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13 Antworten zu “Angela Merkel: „Deutschland geht es so gut wie lange nicht“

  1. vaylinor

    Typischer Fall von Wahrnehmungsstörungen und absolutem Realitätsverlust. Diese Frau ist ein völlige No-Go und muss dringend abgewählt werden.

  2. Eine etwas genauere Analyse dazu, wie gut es Deutschland gerade geht, habe ich hier zusammengeschrieben:

    http://sklaven-ohne-ketten.blogspot.com/2009/03/1-3-auf-dem-weg-bergab-blickt-man-bei.html

  3. Anonymous

    Naja Jacob Erst gegen Sarrazin stenkern, oder sollte ich besser sagen hetzen und jetzt Entrüstung über Merkel vorteuschen,.

    Was soll das?

    Die Sarrazin-Basher, Islamofanten und Co. sind genau die Zielgruppe einer Angela Merkel, die dem dummen Volk vorschreibt, was es lesen darf und was nicht.

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  7. Anonymous

    wer das wohl ist?die leute denen es zu gut geht?ackermann,Springer,Mohn,Diekmann,Blome,Klatten..????ja…eindeutig dekadente ausuferungen des persönlichen wohlstandes…

    oder meint dr.pestbeule etwa die hartz4 empfänger,Zeitarbeitssklaven, unterbezahlten Lohnarbeiter und den ganzen arbeitenden Rest der deutschen Mittelschicht?

    inhaltslos und difus wie die ganze person….

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  13. Hallo. Es wird niemanden interessieren, auch die Reichen nicht. Arme Menschen wie zur Zeit Dostojewskis gibt es gar nicht. Und arme Menschen, wie Dostojewski sie einst schilderte, sind schon lange nicht mehr fügsam und arm und bemitleidenswert. Arme unter Armen sind Wölfe. Jeder will fressen und mehr haben. Einer bestiehlt den anderen, um einer Uhr willen, um mehr zu haben! Also das selbe Bild wie unter den Reichen!
    Wahrscheinlich ist der Mensch wirklich ein Tier oder Wolf!

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